Grüne kritisieren Studie zum "Wirtschaftsfaktor Tourismus"

am . Veröffentlicht in Politik & Recht

Der Beauftragte der Bundesregierung für Mittelstand und Tourismus, Ernst Burgbacher, MdB, hat in Berlin gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Klaus Laepple, die Studie "Wirtschaftsfaktor Tourismus" vorgestellt. Die Grünen wünschen sich eine andere, qualitativ orientierte Diskussion.

 

 

Die Studie wurde vom BTW in Auftrag gegeben, vom BMWi gefördert und von DIW econ, dem Consultingunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), erstellt. Die Studie verfolge insbesondere das Ziel, die Einkommens- und Beschäftigungseffekte der Tourismuswirtschaft in Deutschland zu bestimmen. Damit lägen verlässliche Daten zur wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus vor.

Die zentralen Ergebnisse der Studie seien:

  • Güter und Dienstleistungen im Gesamtwert von fast 280 Milliarden Euro hätten Urlauber sowie Geschäftsreisende aus dem In- und Ausland 2010 in Deutschland in Anspruch genommen.
  • Dank dieser Umsätze fänden hierzulande 2,9 Millionen Menschen - das seien sieben Prozent aller Erwerbstätigen - einen Arbeitsplatz.
  • Gleichzeitig trage der Tourismus in Deutschland allein durch die so genannten "direkten Effekte" wie z.B. Flug- und Bahntickets oder Hotelbuchungen, mit fast 100 Milliarden Euro und damit 4,4 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei.
  • Beziehe man die so genannten Vorleistungen ein, zum Beispiel die Dienstleistungen am Flughafen, Lieferungen von Bäckern an Gaststätten oder Renovierungsarbeiten durch Handwerker im Hotel , so sei der Tourismus sogar zu 9,7 Prozent an der Wertschöpfung und zwölf Prozent an der Beschäftigung beteiligt.

Die Studie basiere auf der international verbreiteten Methodik eines Tourismus-Satellitenkontos (TSA), das die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ergänze. Untersucht wurden Tages- und Übernachtungsreisen von Urlaubern sowie Geschäftsreisenden.

"Die Studie zeigt die große Bedeutung des Tourismus für die deutsche Wirtschaft auf", meint Staatssekretär Burgbacher. "Die Branche steht für eine Bruttowertschöpfung von fast 100 Mrd. Euro und beschäftigt 2,9 Mio. Erwerbstätige, die ganz überwiegend im Mittelstand angesiedelt sind. Damit ist der Tourismus ein ökonomisches Schwergewicht und ein echter Jobmotor in Deutschland." Präsident Laepple ergönzt: "Ich freue mich sehr, dass diese Studie so eindrucksvoll belegt, wie stark unsere Branche wirklich ist." Weil die Tourismuswirtschaft so heterogen zusammengesetzt sei, wird leider viel zu häufig unterschätzt, wie relevant sie für den Wirtschaftsstandort Deutschland sei. Dabei liege sie sowohl bei Beschäftigung als auch Wertschöpfung deutlich vor Wirtschaftszweigen wie KFZ-Industrie, Maschinenbau oder Bankwirtschaft.

Der Vorstandsvorsitzende des DIW, Prof. Dr. Gert G. Wagner, lobt die eigene Studie: "Diese Studie steht in der Tradition des DIW Berlin, verlässliche statistisch-wissenschaftliche Daten bereitzustellen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Tourismuswirtschaft mit der Gesamtwirtschaft eng verflochten ist und dass auch außerhalb der touristischen Kernbereiche viele Beschäftigte vom so genannten touristischen Konsum profitieren."

Markus Tressel, tourismuspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, zeigt sich weniger beeindruckt:
„Die wirtschaftlichen Zahlen sind beeindruckend, die Branche hat eine enorme Bedeutung für Deutschland. Das ist nichts Neues. Aber die Beweihräucherung der Bundesregierung geht zu weit. Wir brauchen neue Strukturen in der Tourismuspolitik."

Denn die Kehrseite der erfreulichen wirtschaftlichen Entwicklung sei: Die vor Ort ansässige Bevölkerung profitiere kaum. Nur 36 von 100 investierten Euro blieben nach Angaben der Grünen in der Region. Emissionen durch Verkehr und Gebäude stiegen und würden durch die Wirtschaft, insbesondere der Airlines, schön gerechnet und geredet. Bislang seien die Bemühungen der Branche im Bereich Umweltschutz noch sehr zaghaft. Und das obwohl sich Maßnahmen für Energieeffizienz auch schnell wirtschaftlich auszahlten und eine intakte Umwelt Grundlage ihrer ökonomischen Existenz sei.

Der Investitionsstau im Gewerbe halte zudem an und zeig viele Destinationen weiterhin im Charme der 1970er Jahre, Insolvenzen seien nicht rückläufig und die Preise für Hotelbuchungen seien trotz Mehrwertsteuersenkung nicht gesunken. Die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen seien in kaum einem anderem Bereich so schlecht wie im Gastgewerbe und der Gastronomie. Eine Mehrwertsteuersenkung könne all das nicht beheben. Die Grünen hätten deshalb ein 10-Punkte-Programm beschlossen, um im Reiseland Deutschland nicht auf Quantität sondern auch auf Qualität zu setzen.

www.bmwi.de
www.btw.de
www.markus-tressel.de

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