Reiseindustrie befürchtet Flughafen-Kollaps in Berlin
In den kommenden Monaten droht den Flughäfen der deutschen Hauptstadt in Tegel und Schönefeld nach Einschätzung von Vertretern der deutschen Reiseindustrie der Kollaps. Dies sei das Ergebnis einer Umfrage des Travel Industry Club.
Der geplatzte Eröffnungstermin des neuen Großflughafens werde für die Stadt Berlin zwar offensichtlich eher kurz- als langfristig zu spüren sein. Für das Vertrauen der Bürger in die Politik sei das Flughafendebakel von Berlin dagegen verheerend. Weil die Brandschutzanlage des neuen Flughafens in Berlin-Schönefeld nicht funktionierte, wurde dessen Eröffnung Anfang Mai vom 3. Juni auf den 17. März kommenden Jahres verschoben. In der Umfrage wurden jetzt auch personelle Konsequenzen für die politisch Verantwortlichen im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH gefordert.
Bei der Erhebung unter Entscheidern der Reisebranche seien 78 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Fluggesellschaften ihr für den ursprünglich auf den neuen Flughafen zugeschnittenes erweitertes Flugprogramm bis zum März 2013 nicht ohne Probleme über die alten Airports in Tegel und Schönefeld abwickeln könnten. 68 Prozent gingen davon aus, dass an den beiden Flughäfen der Kollaps drohe, da man dort mit dem erweiterten Angebot überfordert sei. 52 Prozent der Befragten sähen durch die erneute Verschiebung der Eröffnung mittel- und langfristig keinen negativen Einfluss auf das Image von Berlin. 61 Prozent seien der Auffassung, dass ein Imageschaden für die deutsche Hauptstadt nur kurzfristig zu spüren sein werde.
Sehr eindeutig und entsprechend negativ beurteilen die Entscheider der deutschen Reiseindustrie die politischen Folgen aus dem Berliner Flughafendebakel. 90 Prozent der befragten Manager seien der Meinung, dass die Bürger durch derartige Pannen das Zutrauen in die Politik verlören. Und 94 Prozent seien der Ansicht, dass solche Vorfälle auch für die politisch Verantwortlichen wie den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft personelle Konsequenzen haben sollten. 92 Prozent der im Mai befragten 220 Entscheider aus den Reihen der deutschen Reiseindustrie fänden es zudem nicht in Ordnung, dass in letzter Konsequenz die Steuerzahler für Entschädigungszahlungen an Airlines und von der Verschiebung der Eröffnung betroffenen Unternehmen in die Pflicht genommen würden.
Grundsätzlich beurteilen die Manager das Entwicklungspotential des Flughafens positiv. 73 Prozent der Befragten gingen davon aus, dass sich der neue Hauptstadtflughafen nach Frankfurt und München mittelfristig zum drittgrößten Airport des Landes entwickeln werde. Und 63 Prozent trauen dem Flughafen zu, dass er sich zu einem nennenswerten Drehkreuz entwickeln werde. Geteilter Meinung sind die Manager, wenn es um das Schicksal der "alten" Flughäfen Berlins geht. 47 Prozent seien der Meinung, dass die Schließung des traditionsreichen City-Airports Tempelhof keine gute Entscheidung gewesen sei. 57 Prozent meinten allerdings, dass der Flughafen Tegel nach der Eröffnung des neuen Flughafens wie geplant geschlossen werden sollte.
Fritz Pütz, Präsidiumsmitglied im Travel Industry Club: "Der Vertrauensverlust der Bürger in die Politik erlebt durch die erneute Verzögerung der Eröffnung vom Hauptstadtflughafen einen neuen Höhepunkt. Die Schadensersatzforderungen von Fluggesellschaften und Unternehmen an den Berliner Flughäfen werden in den kommenden Monaten zweifellos die Öffentlichkeit beschäftigen. Dabei scheint die Mehrheit der Menschen im Land noch nicht realisiert zu haben, dass wir als Steuerzahler am Ende des Tages die Zeche für die Pannen in Berlin zu bezahlen haben. Die aktuelle Umfrage belegt sehr eindrucksvoll, dass auch die politisch Verantwortlichen im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft für das Debakel zur Rechenschaft gezogen werden müssen."