Neue Route der Industriekultur im Filstal

am . Veröffentlicht in Städte- und Kulturtourismus

logo-industriekultur-filstalDer Verband Region Stuttgart  hat mit EU-Mitteln eine neue Route der Industriekultur  im Filstal ins leben gerufen.

„Die Industriekultur im Filstal hat viele Facetten. Wir wollen interessante Orte wieder stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken“, erklärte Planungsdirektor Thomas Kiwitt vom Verband Region Stuttgart bei einer Pressekonferenz im Albwerk Speicher in Geislingen. Geislingens Oberbürgermeister Wolfgang Amann, der Leiter des Kreisarchivs Göppingen, Dr. Stefan Lang und Thomas Kiwitt stellten dabei das von der EU geförderte Projekt „Route der Industriekultur“ vor.

Damit soll die industrielle Geschichte und Gegenwart des Filstals über touristische Angebote und Hinweise wieder erfahrbar werden. Wichtig sei also nicht nur der Blick zurück, sondern eine Betrachtung als Spiegel der industriellen Gegenwart. „Erfolgreiche Vorbilder wie die Route der Industriekultur Rhein-Main zeigen, welche Impulse für die Regionalentwicklung damit erzielt werden können“, sagt Thomas Kiwitt. Das gelinge vor allem im Hinblick auf Image, für den Tourismus und die Kultur, aber auch für Baukultur und Denkmalpflege.

Seit Juli arbeiteten 16 Städte und Gemeinden aus dem Filstal, unterstützt von Experten  öffentlicher und privater Archive sowie Vereinen, unter Federführung des Verbands Region Stuttgart an der „Route der Industriekultur“. Sie soll Teil des Landschaftsparks Region Stuttgart werden. Ganz wesentlich sei dabei: der Sachverstand vor Ort und die Geschichten der Bürgerinnen und Bürger aus dem Filstal.

Das digitale Gedächtnis soll wachsen

Industriegeschichte und die Lebenswelten der Menschen seien im Filstal von jeher eng verzahnt. Deshalb forderte Thomas Kiwitt die Bürgerinnen und Bürger des Filstals auf: „Erzählen Sie uns Ihre Geschichten!“ Unter www.industriekultur-filstal.de können Begebenheiten zu Firmen, Produkten oder Erlebnisse aus der Arbeitswelt in Wort und Bild online gestellt werden. So soll nach und nach ein digitales Gedächtnis zur Industriekultur im Filstal wachsen. Außerdem fänden sich auf der neuen Internetseite jede Menge Informationen zu dem Projekt und zu Zeugen der Industriegeschichte: Firmen, Fabrikantenvillen oder Produkten.

Filstalradweg als Rückgrat der Route

Noch sei die „Route der Industriekultur“ in Arbeit. Entlang dem Filstalradweg, der gewissermaßen das Rückgrat der Route bilde, soll auf herausragende Zeugnisse und wichtige Orte der Industriekultur hingewiesen werden. Aufbauend auf vorhandenen Informationen und ergänzt durch – zum Teil detektivische Spurensuche - fand zunächst eine Bestandserhebung statt. „Bei der Vielfalt an Objekten und Orten ist es unerlässlich Schwerpunkte zu setzten, um das Profil der Route zu schärfen“, so Thomas Kiwitt. Aus über 100 Orten der Industriekultur ist eine Liste mit über 20 so genannten Ankerpunkten entstanden, die mit touristischen Angeboten verknüpft werden können.  

Manches ist offensichtlich: Märklin in Göppingen, WMF in Geislingen oder die Arbeitersiedlung in Kuchen. Aber wer weiß, dass das Bambi in der Kunstgießerei Strassacker in Süßen hergestellt wird? Oder das erste Wegwerf-Taschentuch aus dem Filstal kommt, als Vorläufer des „Tempos“? Manchmal haben sich die vom Verband Region Stuttgart beauftragten Planer des Büros agl aus Saarbrücken im wahrsten Sinne des Wortes durchs Unterholz gekämpft, um Spuren von Firmengebäuden aufzustöbern. Denn viele Industriegebäude seien schlicht der Abrissbirne zum Opfer gefallen, darunter die Papiermühle Beckh in Göppingen, das Kauffmann Areal in Ebersbach oder die Werkzeugfabrik in Deggingen.

Um die „Route der Industriekultur“ Wirklichkeit werden zu lassen, müssten gegebenenfalls heute noch vorhandene Barrieren oder notwendige Lückenschlüsse aufgezeigt werden. In einem zweiten Schritt gelte es, diese möglichst zu beseitigen und Informationen zu den Orten der Industriekultur zur Verfügung zu stellen (Info-Stellen, Info-Tafeln oder digital abrufbare Information).

Sechs thematische Schwerpunkte

Thematisch setzt das Projekt sechs Schwerpunkte: „Fils, Bahn & Co“ beleuchte alles rund um die Infrastruktur der Industrialisierung. „Unternehmen & Unternehmer/innen“ richte den Blick auf Persönlichkeiten. Hinter „Erzeugnissen und Produkten“ stehe „made im Filstal“. „Im Wandel der Zeit“ zeige das Werden und Vergehen von Betrieben, Branchen und Gebäuden. Repräsentative Unternehmervillen, bautechnische Meisterleistungen oder Arbeitersiedlungen werde unter „Baukultur und Denkmal“ zusammengefasst. Mit dem Arbeitsalltag, den Lebensbedingungen und den sozialen Verhältnissen im Filstal beschäftige sich der Bereich „Arbeitswelten“.

Nach Auffassung von Geislingens Oberbürgermeister Wolfgang Amann sei die „Fünftälerstadt Geislingen ein wichtiger „Stopp“ auf der Route der Industriekultur, prägen doch eine Vielzahl von besonderen Orten die Identität unserer Stadt und zeugen von einer lebendigen Industriegeschichte! Im Einzelnen denke ich dabei an die WMF, das Museum im Alten Bau, die Bergmannsiedlung „Mittlerer Boden“, der Stauferstollen, der Erz-Bahnhof Geislingen-Altenstadt, die Alb-Elektrizitätswerke, die Geislinger Steige, die Pressmarsche Mühle, die Mechanische Spinnerei und Weberei Staub, die Kaiser-Brauerei sowie die Grabkapelle Familie Straub. Ich freue mich sehr, dass Geislingen mit diesen Zeugen heimischer Industriekultur die Route durch das schöne Filstal bereichern kann und somit die Landschaft für Erholungssuchende und Gäste noch erlebbarer macht.“

Für den Landkreis Göppingen ist „die Industrialisierung ein wichtiges historisches Thema und hat die Entwicklung vieler Gemeinden maßgeblich geprägt“, so Kreisarchivar Dr. Stefan Lang. „Eng verbunden mit dem Bau der Eisenbahn war sie ein massiver wirtschaftlicher und sozialer Wandlungsprozess, den es attraktiv und verständlich darzustellen gilt. Ich hoffe, dass es gelingt, mit dem Projekt gleichermaßen die einheimische Bevölkerung sowie auch Besucher von auswärts anzusprechen, die mehr über die Geschichte unserer Region erfahren wollen."

Ein Baustein des Landschaftsparks Region Stuttgart

Die „Route der Industriekultur Filstal“ wird von der EU aus dem Interreg-Projekt Value + bis zum Jahr 2015 mit 315.000 Euro (je 50 Prozent EU und Verband Region Stuttgart) gefördert. Bis Februar 2014 soll das inhaltliche und planerische Konzept stehen, dann gehe an die Umsetzung. Die Idee zur „Route der Industriekultur“ im Filstal kam während der Arbeiten zum Masterplan Fils des Landschaftsparks Region Stuttgart. Ziel sei es, durch Zugänge zum Fluss, durch Aussichtspunkte, Radwegeverbindungen oder die Gestaltung „besonderer Orte“, die Landschaft für Erholungssuchende und Gäste wieder erlebbarer zu machen. Gemeinsam mit Städten und Gemeinden habe der Verband Region Stuttgart solche umsetzungsorientierten Konzepte für das Neckartal, die Rems, den Schwäbischen Wald und den Albtrauf erstellt. Die Arbeiten zum Masterplan Murr-Bottwartal stünden kurz vor dem Abschluss. Um diese Pläne auch umzusetzen, fördere der Verband Region Stuttgart mit bis zu 1,5 Millionen Euro jährlich die Realisierung von kommunalen Projekten des Landschaftsparks.

www.industriekultur-filstal.de

Tags: Bundesland: Baden-Württemberg
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