BUND-Studie zu Regionalflughäfen: Steuergrabstätten und Klimakiller oder aktive Wirtschaftsförderung?

am . Veröffentlicht in Mobilität & Verkehr

Flughafen  Leipzig

 

Nicht zum ersten mal zeigt eine Stuidie, dass Regionalflughäfen in weiten Teilen möglicherweise überflüssig sind.

Trotz Millionen-Subventionen schreiben Regionalflughäfen in Deutschland rote Zahlen. Schon vor Corona waren die Passagierzahlen rückläufig. Dennoch gab es 2018 allein mehr als 40 Millionen Euro aus öffentlichen Kassen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) kritisieren diese Verschwendung von Steuergeldern für Flughäfen, die keinen verkehrspolitischen Nutzen hätten und mit dem Angebot von Urlaubsflügen vor der Haustür die Klimakrise anheizten. Der Flughafenverband ADV widerspricht.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: "Mit den Regionalflughäfen wird mit unseren Steuergeldern aktiv zum Klimawandel mit Dürren, Unwettern sowie massiven Schäden in der Natur und Land- und Forstwirtschaft beigetragen. Das ist nicht hinnehmbar. Fliegen ist die umweltschädlichste Art zur reisen, vor allem weil es sehr klimaschädlich ist. Bislang scheuen die verantwortlichen Politiker und Politikerinnen alle notwendigen Maßnahmen, um den Flugverkehr auf Klimakurs zu bringen. Die Regionalflughäfen zeigen dabei die ganze Absurdität des Fliegens auf: Die Nutzungszahlen stehen in keinem Verhältnis zu Klimaschäden und den Subventionen. Nur drei von 14 Regionalflughäfen haben einen verkehrspolitischen Nutzen durch die Anbindung ihrer Region an den internationalen Flugverkehr. Beim Rest handelt es sich fast ausnahmslos um Urlaubsflüge. Deswegen fordern BUND und FÖS die sofortige Schließung der Hälfte der 14 untersuchten Regionalflughäfen."

Eine vom FÖS in Zusammenarbeit mit dem BUND veröffentlichte Studie stellt den 14 Regionalflughäfen mit ihren 200.000 bis drei Millionen Fluggästen pro Jahr ein ernüchterndes Zeugnis aus. Kein Airport schaffe in allen drei Kategorien eine positive Bewertung. Bewertet wurden Wirtschaftlichkeit, Verkehrsentwicklung und der Beitrag der Flughäfen zur Konnektivität - also der Anbindung der jeweiligen Region an den internationalen Flugverkehr. Zudem wurde die jährliche Klimalast der Flughäfen ermittelt, die bei 4,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten liegt.

Unter den Regionalflughäfen schafften lediglich die Flughäfen Memmingen und Bremen in zwei der drei Kategorien eine positive Bewertung. Dortmund, Münster/Osnabrück, Dresden, Karlsruhe/Baden-Baden und Friedrichshafen, konnten nur in einem Punkt überzeugen. Die restlichen sieben Flughäfen versagten in allen drei Kriterien und damit auf ganzer Linie.

Nicht wirtschaftlich zu betreiben

Die Wirtschaftlichkeit der Flughäfen wurde auf der Grundlage der Geschäftsberichte aus den Jahren 2014 bis 2018 bewertet. Trotz insgesamt 206 Millionen Euro Subventionen in diesem Zeitraum gab es bis 2019 nur an drei von 14 bewertenden Flughäfen einen klaren Fluggastzuwachs: in Memmingen, Dortmund und Karlsruhe/Baden-Baden.

Matthias Runkel, wissenschaftlicher Referent für Verkehr beim FÖS:"Die Analyse der Geschäftsberichte unterstreicht, dass Regionalflughäfen kaum wirtschaftlich zu betreiben sind und den Steuerzahler viel kosten. Nach Abzug der Subventionen weisen zwölf der 14 Flughäfen anhaltend negative Jahresergebnisse auf. Gründe dafür sind oft rückläufige Passagierzahlen, Überkapazitäten, Ineffizienzen im Flughafensystem und regionaler Wettbewerb."

Aus Sicht von FÖS und BUND muss die EU daher am Beihilfeverbot für den laufenden Betrieb ab 2024 festhalten und bis dahin den Subventionsabbau konsequent vorantreiben. "Die Bundesregierung muss neue Subventionsforderungen der Branche für Flugsicherung und Investitionen für Regionalflughäfen strikt zurückweisen. Steuergelder sollten vom Staat nicht für klimapolitischen Irrsinn verbrannt werden", so Runkel.

Wettbewerbs- und umweltschädliche Subventionen wie Betriebs- und Investitionszuschüsse oder Verlustübernahmen, aber auch indirekte Subventionen wie Garantien oder Grundsteuerbefreiungen für unwirtschaftliche Regionalflughäfen müssen Stück für Stück abgebaut werden, wie Bandt weiter ausführt. "Es ist absurd, dass die Flughafenverbände sich jetzt als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge darstellen und die Übernahme von Infrastrukturkosten fordern. Solche Forderungen sind zurückzuweisen. Die im Klimapaket 2030 vorgesehene Verlagerung von Ultrakurzstrecken auf die Bahn muss dringend forciert werden."

Die Studienautoren konnten zudem mit Ausnahme von Bremen, Dresden und Friedrichshafen keinen relevanten Beitrag der Regionalflughäfen zur Konnektivität erkennen. Dr. Werner Reh, Mitautor der Studie, langjähriger BUND-Verkehrsexperte und Sprecher des BUND-Arbeitskreises Verkehr, zu Konnektivität und Klimalast: "Weniger als 25 Prozent der Regionalflughäfen sorgen für eine bessere Verbindung der Region mit dem internationalen Flugverkehr. Die Schutzbehauptung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Regionalflughäfen hätten eine wichtige Funktion für die Anbindung, Konnektivität und die Wirtschaftskraft einer Region, ist damit klar entkräftet. Die von den Regionalflughäfen verursachte Klimalast von über vier Millionen Tonnen CO2 ist aber nur zu rechtfertigen, wenn diese Flughäfen einen eigenen verkehrspolitischen Zweck für ihre Region jenseits von Freizeitvergnügen erfüllen."

Die Studie belege zudem, dass die aufkommensstärksten Flüge der Regionalflughäfen ohnehin von den im Durchschnitt nur 90 Bahnminuten entfernten großen Flughäfen angeboten würden. Dazu Reh und Runkel: "Statt Billigflüge von Regionalflughäfen weiter zu subventionieren, sollten alle Regionalflughafenstandorte in das Express-Rail-System der Bahn als Zubringer zu den großen Flughäfen eingebunden und die Bahnverbindungen optimiert werden. Für Erfurt und Weimar sollte ein ICE-Halt am Flughafen Leipzig/Halle eingerichtet werden."

FÖS und BUND fordern daher: Statt Urlaubsflüge mit Billigfluginien zu unterstützen, müsse ein übergreifendes Zug-Flug-System vorangetrieben werden, um die Regionen noch besser an die Großflughäfen anzubinden und so die Klimaschäden durch gegebenenfalls notwendige Flüge zu reduzieren. Außerdem muss die Bundesregierung während ihrer EU-Präsidentschaft eine grundlegende Reform des bisher unwirksamen EU-Emissionshandels im Luftverkehr auf den Weg bringen und endlich ihre klimapolitische Verantwortung wahrnehmen.

Runkel: "Die Bundesregierung muss ein Flughafenkonzept vorlegen, in der sie die aus Bundessicht notwendigen acht bis zehn international vernetzten Großflughäfen benennt - Regionalflughäfen werden dabei kaum eine Rolle spielen."

ADV reagiert mit einer Stellungnahme

Die ADV widerspricht der Studie vehement. Sie geht in ihrer Stellungnahme auf die drei in der Studie genannten Beurteilungskriterien ein. Unzutreffende Annahmen und unsachliche Schlussfolgerungen sollen laut ADV damit korrigiert werden. Hierzu erklärt Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV: "Alle Jahre wieder werden von interessierter Seite kleinere Flughäfen in Frage gestellt. Die Argumente wiederholen sich, werden aber dadurch nicht überzeugender."

In ihrer Stellungnahme unterstreicht die ADV verschiedene Sachverhalte. Die Bundesrepublik Deutschland sei ein föderaler Staat mit vielen starken Wirtschaftsregionen. Analog dazu habe sich das polyzentrische Flughafennetz ausgebildet. Viele Standorte seien für die Anbindung ihrer Region unverzichtbar und stellen einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Der Luftverkehrsstandort Deutschland gewinne zudem seine Stärke aus der sinnvollen Ergänzung von großen und kleinen Flughäfen. Ein leistungsfähiger Regionalflughafen verbessere die Erreichbarkeit einer Region für Geschäftsreisende, Touristen und Luftfahrtgüter, was die Studie allerdings widerlegen kann.

Neben der Corona-Krise hätten die jüngsten Airline-Insolvenzen ebenfalls zu einem Verkehrsrückgang geführt. Davon seien insbesondere kleinere Flughafenstandorte betroffen. Ein pauschales Urteil zur Daseinsberechtigung von kleineren Flughäfen anhand von rein betriebswirtschaftlichen Kennzahlen vorzunehmen, sei voreilig und greife zu kurz. Allerdings hat die Studie genau dies nicht getan, sondern weitere Kriterien herangezogen.

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern befänden sich Flughäfen in Deutschland im Nachteil. Im Ausland werde die Finanzierung von hoheitlichen Aufgaben und öffentlicher Daseinsvorsorge häufig von staatlichen Stellen übernommen. Handlungsbedarf zur Entlastung der Flughäfen besteht bei den hoheitlichen Aufgabenbereichen von "Safety and Security" sowie Air Traffic Control. Hierzu zählen insbesondere die Kostenblöcke für Feuerwehr, Luftsicherheit, Wetterdienst und Flugsicherung.

Die ADV sieht daher keine Anlass an der bestehenden Situation etwas zu ändern.

Zur Stellungnahme der ADV: https://www.adv.aero/service/downloadbibliothek/
Die Studie von FÖS und BUND zu Regionalflughäfen finden Sie unter: www.bund.net/flughafen-studie

Bild: https://pixabay.com/de/photos/flughafen-flugzeuge-terminal-5441452/

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