Auch Bayern setzt auf nachhaltigen Tourismus: Mehr Gemeinwohl
Die Grundgedanken der Nachhaltigkeit und auch des Gemeinwohls fließen zunehmend in die Strategien der Landestourismusorganisationen ein. Jüngstes Beispiel: Bayern.
Bayerns Wirtschafts- und Tourismusminister Hubert Aiwanger setze sich demnach künftig für die Nachhaltigkeit im bayerischen Tourismus ein. Aiwanger: "Wir unterstützen die umwelt- und klimafreundliche Entwicklung der bayerischen Urlaubsorte. Als Tourismusminister ist es mir wichtig, dass Einheimische und Gäste gemeinsam profitieren. Urlaub in Bayern findet in einer intakten Natur statt mit Gastgebern, die auf Herzlichkeit, lokale Verbundenheit und Umweltfreundlichkeit achtgeben."
Der zentrale Gedanke der Weiterentwicklung der Urlaubsorte sei das Gemeinwohl. Aiwanger: "Der Schutz unserer Natur und der Erhalt der Lebensräume, Besucherlenkung, Mobilität – all das betrifft Einheimische und Touristen. Und daher geht es nur zusammen. Denn der Tourismus ist kein abgegrenzter Wirtschaftszweig. Er gestaltet unseren Lebensraum und ist ein wichtiger Standortfaktor."
Die Bayern Tourismus Marketing GmbH (BayTM) habe deshalb mit rund 30 Akteuren der Branche und der Unterstützung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums einen Prozess hin zu einer nachhaltigen Destinationsentwicklung gestartet. Zu den neuen Angeboten für Touristiker, Kommunen und Unternehmen zählen
- eine Webseite zur nachhaltigen Destinationsentwicklung mit erfolgreichen Beispielen,
- Vorträge mit konkreten Impulsen, wie sich Nachhaltigkeit im Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem umsetzen lasse,
- strategische Workshops für all jene, die sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen wollen.
Ziel sei es, dass Destinationen mithilfe der BayTM ihr Wissen erweitern und im Rahmen der gemeinsam erarbeiteten Vision ein eigenes Nachhaltigkeitskonzept entwickeln könnten. Aiwanger ergänzt dazu: "Nachhaltigkeit bedeutet, Lebensraum so zu gestalten, dass sich Gäste und Einheimische gleichermaßen wohlfühlen. Denn von touristischen Angeboten wie Seilbahnen, Thermen oder Konzerten profitieren auch die Bewohner der Region. Zudem leben viele lokale Betriebe von den Besuchern. Dazu zählen nicht nur Hotellerie und Gastronomie, sondern auch Handwerk, Dienstleistungsunternehmen und der Handel. Umso wichtiger ist es, all diese Bereiche einzubinden."
Barbara Radomski, Geschäftsführerin der Bayern Tourismus Marketing GmbH, fügt hinzu: "Die nachhaltige Entwicklung des bayerischen Tourismus ist die Grundlage für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft. Gemeinsam mit einer Vielzahl touristischer Akteure haben wir uns deshalb auf den Weg gemacht, ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Vision für eine nachhaltige Destination Bayern zu erarbeiten. Und wir haben ein gemeinsames Werkzeug entwickelt, dass die bayerische Tourismusbranche auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit leiten soll. Denn wir wollen nicht nur den Status quo dokumentieren, sondern ein neues Mind-Set bei den touristischen Akteuren etablieren. Um die Vision nachhaltig in den Regionen und Strukturen zu verankern, unterstützen wir zusätzlich mit Vorträgen, Workshops und einem starken Netzwerk.“
Eine aktuelle Umfrage des Bayerischen Zentrums für Tourismus, in der die Lebenszufriedenheit in Bayern vor dem Hintergrund des Tourismus beleuchtet wurde, hatte offenbart, dass in den bayerischen Regionen sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen des Tourismus von der Bevölkerung gesehen würden. So seien mit 67 Prozent der Befragten in touristisch geprägten Regionen deutlich mehr Menschen mit ihren Lebensbedingungen zufrieden als in nicht touristisch geprägten Regionen.
Daniela Leipelt, Kur- und Tourismusmanagerin von Bad Füssing, bewertete die Ergebnisse aus Sicht der Heilbäder: "Der Wertewandel in der Gesellschaft hin zu einem gesunden und nachhaltigen Lebensstil ist überall spürbar. Gesundheit ist der Megatrend und zum Synonym für hohe Lebensqualität geworden. Das verändert in zunehmenden Maße den Markt und Wettbewerb für Kurorte und Heilbäder. Bad Füssing möchte deshalb neue, ganzheitliche Strategien sowie Lebensraum- und Tourismuskonzepte entwickeln und umsetzen. Der Prozess der nachhaltigen Destinationsentwicklung bietet uns dafür wertvolle Orientierung und gibt uns Handlungsempfehlungen."
Kritik an der neuen Strategie
Es gibt aber auch Kritik an den Vorstellungen. Medienberichten zufolge kritisieren die Grünen im Landtag die mangelnde Verbindlichkeit. Christian Zwanziger von den Grünen erklärte nach einem Bericht in der Zeit: "Solange CSU und Freie Wähler beispielsweise lieber Steuergeld für Schneekanonen ausgeben statt in nachhaltige Mobilität zu investieren, sind solche Ankündigungen doch nur heiße Luft." Zunehmend zeigt sich etwa, dass Bayern im Hinblick auf den Schienenverkehr den Anschluss verloren hat, was selbst der Oberste Rechnungshof des Landes aufs Schärfste kritisiert.
Schon andere Landestourismusorganisationen haben die Nachhaltigkeit als ganzheiltichen Ansatz in den Fokus der Entwicklung gestellt, so etwa Schleswig-Holstein in der soeben verabschiedeten Strategie oder auch Mecklenburg-Vorpommern. Dort gibt es künftig in Form des Tourismusbeauftragten immerhin einen direkten Einfluss auf die Landesregierung. Damit besteht ein direkter instrumenteller Hebel, um die Strategien des Tourismus auch in der Exekutive zu verankern.
In den übrigen strategischen Ansätzen mangelt es tatsächlich meist an den verbindlichen Umsetzungsmöglichkeiten. Und die Landestourismusorganisationen müssen sich an den Taten messen lassen. So ist in der Schweiz vor dem Hintergrund von Swisstainable beispielswiese eine Diskussion darüber entbrannt, ob Marketing auf den Überseemärkten noch sinnvoll ist. Wäre das angesichts des Klimawandels und des Gemeinwohls eigentlich noch glaubwürdig?
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