„Optimum Tourism“: Wien legt neue Leitlinien für städtischen Tourismus vor
Unter dem Titel „Optimum Tourism“ präsentiert WienTourismus die Weiterentwicklung seiner Visitor Economy Strategie (VES). Die Strategie, die seit 2019 als internationale Benchmark gilt, soll auch künftig als Steuerungsinstrument für eine ausgewogene Tourismusentwicklung dienen. Ziel sei ein Wachstum, das sowohl den Bedürfnissen der Gäste als auch denen der Wiener Bevölkerung gerecht wird.
Die Weiterentwicklung der Strategie fußt auf mehreren zentralen Eckpunkten:
• Drei Ziele, um Tourismus optimal zu gestalten
• Zustimmung von Bevölkerung und Besucher:innen als zentrales Fundament
• Voller Fokus auf Kulturtourismus, Meeting Industry und Luxusgast
• Destination Stewardship: Gemeinsame Ziele, geteilte Verantwortung
• Globale Standards und Transparenz durch Partnerschaft mit UNTourism
• Aktionsprogramme: Flexibilität im Handeln, öffentlicher Raum mit strengeren Regeln
„Optimum Tourism“ – Strategie für steuerbares Wachstum
„Wien ist eine wachsende Weltstadt und Städtetourismus ist zurückgekommen, eindrucksvoller denn je. Nach dem Grundsatz ‚Zerstöre nicht, wofür dich dein Publikum liebt‘ verpflichten wir uns sicherzustellen, dass der Tourismus in Wien echten Mehrwert schafft – für Gäste ebenso wie für die Wienerinnen und Wiener. Wiens Strategie bietet die Blaupause für zukunftsfähiges Tourismuswachstum, in deren Vordergrund die hohe Akzeptanz des Tourismus und ein bestmögliches Gästeerlebnis stehen. Ziel ist ein Wachstum, das die Qualitäten der Stadt stärkt und nicht ausnutzt. Dafür braucht es eine gemeinsame Marschrichtung innerhalb der Visitor Economy, mit klaren Zielen und Verbindlichkeit im Messen von deren Erreichbarkeit: das Destination Stewardship, das akkordiertes Vorgehen aller Player in Wien ermöglicht“, erklärte Tourismusdirektor Norbert Kettner.
Wien fasst diese Strategie in drei übergeordneten Zielen zusammen:
• Ziel 1: Wien will den „Sweet Spot“ bei Tourismusakzeptanz und Gästezufriedenheit halten.
• Ziel 2: Zwei Drittel der Wien-Besucher:innen sollen „Wunschgäste“ ausmachen.
• Ziel 3: Ein Zehntel der Nächtigungen soll langfristig aus dem Meetingbereich stammen.
Tourismusakzeptanz und Gästezufriedenheit: „Sweet Spot“ halten (Ziel 1)
Wien orientiert sich an zwei unabhängigen, repräsentativen Erhebungen, die regelmäßig von Manova durchgeführt werden:
• Befragung von mehr als 3.600 Wiener:innen zur Tourismusakzeptanz
• Befragung von rund 2.500 Gästen zur Zufriedenheit mit dem Aufenthalt
9 von 10 der befragten Einheimischen sehen laut der Befragung Tourismus positiv, 9 von 10 der 2.500 befragten Wien-Gäste würden Wien weiterempfehlen. „Beide Befragungen bilden zusammen mit über 150 international standardisierten Kennzahlen unser Sensorium, das Entwicklungen abbildet, frühzeitig Stolpersteine erkennt und über den Erfolg unseres Tuns mitentscheidet“, erläuterte Kettner.
Zwei Drittel „Wunschgäste“ ansprechen (Ziel 2)
2024 verzeichnete Wien rund acht Millionen Nächtigungsgäste. Zwei Drittel davon sollen künftig dem Profil des „Wunschgastes“ entsprechen:
• Kulturinteressierte Freizeitgäste
• Teilnehmer:innen an Kongressen und Firmentagungen
• Luxusgäste mit hoher Kaufkraft und individualisiertem Reiseverhalten
Zur Erreichung dieses Ziels nutzt der WienTourismus verhaltensbasierte Segmentierung und zieht Erkenntnisse aus Gästebefragungen, der Meeting-Bilanz und einer mehrjährigen Kongressstudie heran.
„Damit die Stadt ihr Qualitätsversprechen halten kann und wir unser hochgestecktes Ziel des Wunschgäste-Anteils erreichen können, müssen wir Destination und ihre Anbieter künftig noch stärker in den Gleichschritt bringen“, unterstrich Kettner. Der WienTourismus werde in Fragen der Angebotsentwicklung, Zertifizierung und touristischen Infrastruktur eine stärkere beratende, wo möglich auch steuernde Rolle einnehmen, im Gleichschritt mit Stadtverwaltung, Interessenvertretungen und unternehmerischer Ebene.
Ein Zehntel der Nächtigungen im Meetingsegment (Ziel 3)
2023 zählte Wien 1,6 Millionen Nächtigungen durch über 630.000 Meeting-Teilnehmer:innen – rund neun Prozent der Gesamtnächtigungen. Dieses Niveau soll langfristig gesichert werden.
Die Kennzahlen zu 2024 werden noch im Frühjahr erwartet. „Gäste, die für Meetings anreisen, fügen sich nahtlos ins Gefüge der Stadt ein und konsumieren hochwertig. Wiener:innen profitieren mehr und mehr von Legacy-Programmen, die der WienTourismus ins Leben rief. So gab es bereits kostenlose Gesundheits-Checks bei Medizinkongressen oder Vorträge in Bildungseinrichtungen. „Wien muss als Meetingmetropole Weltspitze bleiben“, erklärte Kettner. „Das anvisierte Zehntel, auch wenn es vor der Pandemie teils erreicht werden konnte, ist angesichts des Wachstums im Freizeittourismus kein Selbstläufer“, erklärte Kettner, „sondern eine Herausforderung, der wir in einem zunehmend verschärften Wettbewerbsumfeld stellen.“ Die aktuelle Bewerbungszahl beim Vienna Convention Bureau liege bei über 250 Veranstaltungen bis 2038.
Steuerung durch Kennzahlen und globale Standards
Die Stoßrichtung sei klar: Tourismus müsse Wirtschaftsmotor bleiben, Arbeitsplätze schaffen, für die Bevölkerung arbeiten. Er müsse Mobilität ermöglichen und dabei barrierefrei sein. Er soll Klimaschutz und Ressourcenschonung mehr Priorität beimessen und das alles mit einem Streben nach Resilienz vereinen. Ohne konkrete Indikatoren tappe man im Dunkeln. „Wer mit KPIs (Key Performance Indicators) hantiert, muss seine Kennzahlen überprüfbar machen. Das schafft Transparenz, Akzeptanz und Vertrauen“, so Kettner. „Wien orientiert sich an internationalen Standards. Umso wichtiger ist dabei unsere neu begründete Partnerschaft mit der Welttourismusorganisation.“
Wien sei ab sofort Mitglied des „UN Tourism International Network of Sustainable Tourism Observatories“ (INSTO). Die Mitgliedschaft stehe vo allem für:
• Datengestützte Beobachtung von Tourismusentwicklungen
• Transparente Analyse ökologischer, ökonomischer und sozialer Auswirkungen
• Austausch mit mehr als 40 Destinationen weltweit
„Ich begrüße Wien herzlich im Kreise von mehr als 40 Destinationen weltweit. Wien hat sich einer Allianz angeschlossen, die wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeit im Tourismus vortreibt und gemeinsam Innovationen entwickelt. INSTO ermöglicht es, Trends frühzeitig zu erkennen und auf dieser Grundlage faktenbasierte Entscheidungen zu treffen, die auf eine nachhaltige Entwicklung abzielen. Einzelne Unternehmen profitieren davon ebenso wie Destinationen als Ganzes“, erklärte Nachhaltigkeitsexperte Dr. Dirk Glaeßer, Director Sustainable Development of Tourism der Welttourismusorganisation (UN Tourism).
„INSTO schafft Transparenz und Verbindlichkeit im Tun. Wien liefert mit seiner Visitor Economy Strategie und der Integration von INSTO in ihren Kern ein internationales Vorzeigebeispiel, das vor Augen führt, wie wichtig die Entwicklung einer relevanten Strategie und die gleichzeitige regelmäßige und transparente Analyse Ihrer Implementierungsfortschritte sind. Die Vielzahl erhobener Daten wird damit zur operativen Grundlage strategischen Handels – nicht im stillen Kämmerchen zusammengetragen, sondern in Partnerschaft mit Unternehmen und Institutionen erarbeitet und genutzt. Die Vorstellung der Visitor Economy Strategie 2019 stellte einen Paradigmenwechsel dar, ihre Fortsetzung prägt und dokumentiert die verantwortungsbewusste Gestaltung von Wiens touristischer Zukunft für sämtliche Beteiligten. Noch viel mehr: sie schafft Bereitschaft und regt sie zum Mitmachen an“, so Glaeßer.
Steuerungsinstrument: Wiener Destination Observatory
Mit dem „Sustainable Destination Observatory“ schaffe Wien ein zentrales Werkzeug für die Umsetzung der Strategie. Die Plattform basiere auf elf Themenfeldern („issue areas“):
• Tourismusakzeptanz
• Klimaschutz
• Wirtschaftliche Effekte
• Arbeitsmarkt
• Governance
• Mobilität
• Saisonalität
• Barrierefreiheit
• Energie Management
• Abfallmanagement
• (Ab-)Wassermanagement
Öffentlicher Raum: Maßnahmen zur Governance
Wien wächst – über zwei Millionen Einwohner:innen und acht Millionen Gäste pro Jahr. Daraus entstehe Druck auf den öffentlichen Raum, insbesondere in der Innenstadt. Wien reagiere darauf mit strukturellen Maßnahmen:
• Zonierungsverordnung mit strengeren Regeln für Straßenverkauf
• Bauordnungsnovelle mit Einschränkungen für Kurzzeitvermietungen
• Marktordnungsnovelle zur Stärkung der Nahversorgung und Vermeidung von Souvenir-Monokulturen
Aktionsprogramme für mehr Flexibilität
Die Strategie werde durch zeitlich begrenzte Aktionsprogramme ergänzt. Erste Themen sind:
• Messung von Tagesgästen
• Placemaking (White Paper)
• Nachhaltige Betriebe
• Nachhaltige Anreise
• Barrierefreiheit
• Legacy
Beispiel „Placemaking“: Wiener Expertise für Metropolen weltweit
In Zusammenarbeit mit Cornelia Dlabaja, Stiftungsprofessorin für nachhaltige Stadt- und Tourismusentwicklung an der FHWien der WKW, erarbeite der WienTourismus im Rahmen eines Aktionsprogrammes ein sogenanntes White Paper, das sich dem Thema „Placemaking“ widmet – also der Schaffung von Räumen in der Stadt, die Aufenthaltsqualität für Bewohner:innen wie Besucher:innen bieten. „Es beleuchtet die enge Verzahnung von Stadtplanung und Tourismusentwicklung und verschafft dem Erfolgsmodell der Wiener Visitor Economy Strategie internationale Sichtbarkeit. Wir positionieren Wien einmal mehr als Vorreiter und wollen unsere Erkenntnisse mit anderen Destinationen teilen“, so Kettner.
Destination Stewardship: Tourismus als Gemeinschaftsaufgabe
„Mit Marketing legt der WienTourismus den Ball auf, der Unternehmer schießt ihn ins Tor. Manchmal sind wir auch Schiedsrichter, der ein Foul pfeift, wenn sich jemand nicht an die Spielregeln hält. Fallweise auch Coach, der strategisch berät“, zog Kettner einen Vergleich mit dem Sport. „Fakt ist: Es braucht den Teamgedanken, die Abstimmung und Anstrengung aller Player, oft in wechselnder Aufstellung, um den Erfolg Wiens in der 1. Liga der Tourismusmetropolen zu behaupten.“ Hierfür wende der WienTourismus das Prinzip des Destination Stewardships an, mittels dessen Stadtverwaltung, Hotellerie, Gastronomie, Kultur- und Freizeitbetrieben, Meetingindustrie und weitere Playern der Visitor Economy Herausforderungen auf der jeweiligen Entscheidungsebene angehen. „Mit geteilter Verantwortung, transparent und verbindlich, in Form regelmäßiger Abstimmungsrunden und Info-Veranstaltungen. Der Kooperationsgedanke ist tragende Säule unserer Strategie“, so Kettner.
Weitere Informationen: https://optimum.vienna.info
Bilder: © WienTourismus, Paul Bauer - Terrasse, Parlament