Bitkom-Studie: KI erreicht breite Anwendung in der deutschen Wirtschaft

Künstliche Intelligenz (KI) hat in deutschen Unternehmen flächendeckend Einzug gehalten. Laut einer aktuellen Befragung des Digitalverbands Bitkom setze inzwischen jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) KI ein. Im Vorjahr sei der Anteil noch bei 20 Prozent gelegen. Fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) plane oder diskutiere derzeit den Einsatz, 2024 seien es 37 Prozent gewesen. Nur noch 17 Prozent gaben an, dass KI für sie kein Thema sei – im Vorjahr seien es noch 41 Prozent gewesen.
Die repräsentative Erhebung basiere auf der Befragung von 604 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland. „Künstliche Intelligenz hat den Durchbruch in der deutschen Wirtschaft geschafft“, sagte Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. „Die Unternehmen haben nicht nur die Möglichkeiten von KI erkannt, sie setzen KI ein und investieren. Das ist eine gute Nachricht für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.“
Breite Zustimmung zur Bedeutung von KI
81 Prozent der Unternehmen seien überzeugt davon gewesen, dass KI die wichtigste Zukunftstechnologie ist. Nur noch 17 Prozent sollen sie als kurzfristigen Hype gesehen haben. Mehr als die Hälfte (51 Prozent) sei der Meinung gewesen, dass Unternehmen ohne KI-Nutzung keine Zukunft haben. Gleichzeitig sollen nur 31 Prozent geglaubt haben, dass KI keinen konkreten Nutzen für ihr Unternehmen bringe – ein Rückgang gegenüber 46 Prozent im Vorjahr.
Für 83 Prozent biete KI Chancen für das eigene Unternehmen, während 14 Prozent Risiken gesehen haben sollen. 24 Prozent sollen Veränderungen im Geschäftsmodell erwartet haben, 23 Prozent sollen eine mögliche Existenzgefährdung gesehen haben. „KI bietet den Unternehmen riesige Chancen, unabhängig von Größe und Branche. Die größte Gefahr ist es, KI einfach zu ignorieren und den KI-Zug zu verpassen“, so Wintergerst.
Investitionen steigen
29 Prozent der Unternehmen sollen höhere Investitionen in KI planen. 8 Prozent wollen deutlich mehr investieren, weitere 21 Prozent eher mehr. Lediglich 5 Prozent wollen ihre Ausgaben leicht senken, kein Unternehmen plane einen starken Rückgang. 60 Prozent sollen ihre Investitionen stabil halten. „Der Einstieg in die KI ist für Unternehmen so günstig wie noch nie. Um sich einen ersten Überblick über die Möglichkeiten zu verschaffen, gibt es eine Vielzahl kostenloser Angebote“, sagte Wintergerst. „Besonders leistungsfähige und rechtssichere KI, die speziell auf die Bedarfe des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten und tief in die Unternehmens-IT integriert ist, gibt es aber nicht zum Nulltarif.“
Anwendungsbereiche und Einsatzintensität
KI sei vor allem im Kundenkontakt (88 Prozent) vorgekommen sowie im Marketing und in der Kommunikation (57 Prozent) zum Einsatz gekommen. Weniger verbreitet sei der Einsatz in Forschung und Entwicklung (21 Prozent), Produktion (20 Prozent), Controlling (17 Prozent), Personal (14 Prozent) und Wissensmanagement (11 Prozent) gewesen. In Management, Recht, Vertrieb und IT habe der Anteil bei jeweils 5 Prozent oder weniger gelegen.
Nur 12 Prozent der Unternehmen sollen KI in eigene Produkte oder Dienstleistungen integriert haben. Der Einsatz sei vielfach punktuell geblieben: 24 Prozent der KI-nutzenden Unternehmen verwenden nur eine Anwendung, 27 Prozent zwei, 24 Prozent drei. Nur 2 Prozent nutzen fünf oder mehr KI-Anwendungen.
Auswirkungen auf Beschäftigung
67 Prozent der Unternehmen sollen keinen Einfluss von KI auf die Beschäftigungszahl erwarten. 20 Prozent sollen mit einem Rückgang um durchschnittlich 7 Prozent rechnen, 7 Prozent mit einem Anstieg um 8 Prozent. Bei den KI-Nutzern seien 28 Prozent von einem Rückgang ausgegangen und 9 Prozent von einem Anstieg. 31 Prozent sollen geglaubt haben, dass KI helfen könne, den Fachkräftemangel zu lindern. „Für den deutschen Arbeitsmarkt ist KI eine große Chance“, so Wintergerst.
Fachkräftemangel und Weiterbildungsbedarf
Nur 5 Prozent der Unternehmen sollen derzeit gezielt Fachkräfte mit KI-Kompetenz einstellen. 27 Prozent sollen dies planen, 24 Prozent darüber diskutieren, für 43 Prozent sei es kein Thema. Nur 8 Prozent sollen KI-Schulungen für alle Beschäftigten anbieten, 21 Prozent für einen Großteil, 25 Prozent für ausgewählte Mitarbeitende. 43 Prozent sollen keine entsprechenden Angebote haben. „Die Unternehmen sind in der Verantwortung, selbst KI-Know-how aufzubauen. Jedes Unternehmen sollte deshalb seine Beschäftigten zu KI weiterbilden. Unternehmen, die KI einsetzen, sind dazu sogar durch den AI Act verpflichtet“, sagte Wintergerst.
Hürden beim KI-Einsatz
Die größten Hemmnisse seien rechtliche Unsicherheiten (53 Prozent), fehlendes technisches Know-how (53 Prozent) und Personalmangel (51 Prozent) gewesen. Weitere Herausforderungen seien Datenschutzanforderungen (48 Prozent), Angst vor Datenmissbrauch (39 Prozent), mangelnde Nachvollziehbarkeit (38 Prozent) sowie unzureichende Qualität der KI-Ergebnisse (36 Prozent) gewesen.
Auch fehlende finanzielle Mittel (36 Prozent), rechtliche Bedenken (35 Prozent), geringe Akzeptanz bei Beschäftigten (31 Prozent), fehlende Daten (24 Prozent) und ethische Vorbehalte (17 Prozent) sollen die Anwendung erschwert haben.
Vertrauen in Herkunft der Anbieter
Für 88 Prozent der Unternehmen sei das Herkunftsland des KI-Anbieters relevant gewesen. 93 Prozent sollen Anbieter aus Deutschland, 51 Prozent aus den USA, 43 Prozent aus Japan bevorzugt haben. Anbieter aus Russland seien kategorisch abgelehnt worden. „Die Unternehmen wünschen sich KI-Anbieter aus Deutschland. Allerdings werden diese nur Erfolg haben, wenn sie ebenso leistungsfähig sind wie die Angebote aus dem Ausland und preislich wettbewerbsfähig. Wir dürfen uns in Deutschland nicht mit einer Rolle als KI-Anwenderland abfinden, wir müssen KI-Anbieterland werden“, forderte Wintergerst.
Kritik am AI Act
56 Prozent der Unternehmen sollen im europäischen AI Act mehr Nachteile als Vorteile gesehen haben. 23 Prozent sollen geglaubt haben, als Anwender betroffen zu sein, 1 Prozent als Anbieter. 32 Prozent sollen sich nicht betroffen gesehen haben, 30 Prozent sollen dies noch prüfen. 93 Prozent der betroffenen Unternehmen sollen einen hohen Aufwand bei der Umsetzung gesehen haben. 37 Prozent sollen mit mindestens einem Hochrisiko-System im eigenen Unternehmen gerechnet haben.
Wintergerst sagte: „Beim AI Act brauchen wir rasch Klarheit für die Unternehmen, was die genaue Umsetzung angeht. Und die Unternehmen brauchen einen Ansprechpartner auf Bundesebene, der sie beim AI-Act-konformen KI-Einsatz unterstützt.“ Er fordere eine Verschiebung der Umsetzungsfristen um zwei Jahre, um einer „Innovationsvollbremsung“ vorzubeugen. In stark regulierten Bereichen wie Medizin oder Maschinenbau sei zudem eine flexiblere Ausgestaltung notwendig.
Erwartungen an die Politik
51 Prozent der Unternehmen habe eine gezielte Förderung deutscher KI-Anbieter gefordert. 46 Prozent sollen sich für eine Reform des AI Acts ausgesprochen haben, 45 Prozent sollen sich besseren Zugang zu Daten gewünscht haben. Rund ein Drittel habe mehr Unterstützung bei KI-Forschung, Infrastruktur und öffentlicher Anwendung gefordert. 37 Prozent sollen für eine zehnjährige Regulierungspause plädiert haben. „Bei der KI-Förderung brauchen wir eine gesamtheitliche Strategie“, sagte Wintergerst. „Dazu gehört, sowohl bei der Breite der Maßnahmen als auch bei den Investitionssummen deutlich ambitionierter zu werden.“
Bitkom lädt zum AI & Quantum Summit
Am 16. und 17. September soll in Berlin der AI & Quantum Summit des Bitkom stattfinden. Erwartet werden sollen mehr als 1.800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie über 200 Sprecherinnen und Sprecher aus Wirtschaft, Forschung, Politik und Behörden. Mit dabei seien unter anderem Dr. Daniela Brönstrup (Bundesnetzagentur), Ana Paula Assis (IBM), Dr. Antonio Krüger (DFKI) sowie Dorothee Bär (Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt).
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Bild: © Bitkom Research 2025 – Bitkom e. V.