Linz setzt auf das Jahresthema "Frauen" - und das ohne Gendern

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Linz

 

Je digitaler unsere Welt wird, umso wichtiger sind persönliche Begegnungen. Aus diesem Grund stellt der Linz Tourismus bereits seit 2020 die Menschen in den Mittelpunkt der Kommunikation. 2022 liegt der Fokus weiterhin auf den Begegnungen: mit dem Schwerpunkt „Frauen“.

„Wir wenden uns den historischen wie gegenwärtigen Leistungen, Ideen und Visionen von Frauen in Linz zu. Auch die Museen, Musikhäuser und Kulturveranstalter rücken Künstlerinnen in den Vordergrund. Linz wird somit noch weiblicher, in unserer Kommunikation und in unseren Erzählungen über die Stadt“, erklärt Georg Steiner, Tourismusdirektor von Linz. Mit dem Jahresthema verdichtet der Linz Tourismus jene Inhalte, die in den Kulturhäusern kuratiert werden. In den Linzer Museen finden 2022 mehrere Ausstellungen von und über Frauen statt. Und auch das Brucknerhaus Linz setzt einen besonderen Schwerpunkt auf Musikerinnen.

Kein Gendern

Beim Linz Tourismus wird jedoch auf das Gendern online und in den Broschüren verzichtet, die Verantwortlichen haben sich dazu entschieden, 2022 rein weibliche Formulierungen zu verwenden. Natürlich ohne die Männer auszuschließen. Wie es lange Zeit umgekehrt üblich war, dürfen sich nun die Männer mitangesprochen fühlen. Der Kommunikationsleitfaden „Linz verändert“ steht immer noch an oberster Stelle. Da Veränderung auch Perspektivenwechsel bedeute, habe der Linz Tourismus diesen Weg gewählt.

Erste Akzente des Jahresthemas „Frauen“ seien im Online-Bereich und in bereits gedruckten Jahresbroschüren umgesetzt, wo die rein weibliche Form verwendet wird – so auch in dieser Presseunterlage. Im Social-Media-Bereich wird das Format „Frau der Woche“ eingeführt, wo "interessante Damen" aus Linz zu Wort kämen.

Ein weiterer wesentlicher Baustein in dem Gesamtkonzept der Begegnungen seien die vom Linz Tourismus entwickelten Trendtouren, die auch 2022 weitergeführt werden. In kleinen Settings mit persönlichem Charakter führen die Kurzreisen zu Orten und Persönlichkeiten, die Linz ausmachen. Bei den kuratierten Kurzreisen dreht sich alles um interessante Begegnungen mit Menschen zu Themen, die bewegen: Nachhaltigkeit, Innovation, Smart City Linz, Urban Art oder Genuss.

Ausbauen will der Linz Tourismus weiterhin ganzheitliche Erlebnisse, die nicht alltäglich seien. Ein Beispiel dafür ist der Häppchen-Pass. Die Touren mit der Stempelkarte führen zu Lokalen und Geschäften, überall gibt es kleine Kostproben und Spezialitäten. Gleichzeitig kann man den Eigentümerinnen über die Schulter blicken und bekommt bisher unbekannte Einblicke in das kulinarische Linz.

Gerade im ersten Quartal des Jahres ist die Ausstellung „The Mystery of Banksy“ ein Besucherinnenturbo, der auch überregionale Gäste anzieht. Ein besonderes Angebot stellt in diesem Zusammenhang das Hotel Arte zur Verfügung – hier wurde ein eigenes Banksy-Zimmer gestaltet, in dem man übernachten kann.

Und man setzt auch auf die neue Krimiserie SOKO Linz. Die Chefin ist mit Katharina Stemberger eine Kommissarin, und Linz wird in Deutschland und Österreich in der Prime-Time zunächst in 13 Folgen präsent sein. Auch das soll dazu beitragen, dass die Stadt als Reiseziel wahrgenommen wird.

Erst kürzlich hat die Visit-Linz-App einen Relaunch erfahren. Mit zehntausenden Downloads und mehr als 1000 aktiven Nutzerinnen bleibe sie das Tool für die individuelle Stadterkundung. Während der Startscreen ein Update verpasst bekommen hat, rücke außerdem das persönliche Profil in den Vordergrund. Auf einen Blick sieht man die Anzahl an gesammelten Punkten, welcher Linz-Typ man sei, bekommt personalisierte Programmvorschläge, kann in den Ideenfinder einsteigen oder die Rangliste checken. Zu den thematischen Schwerpunkten, wie etwa Architektur oder SOKO Linz, werden laufend wechselnd in der App Spezialtouren, Quizze oder Schnitzeljagden angeboten.

Zweifel an einem Wertewandel im Tourismus

Noch vor einem Jahr war Georg Steiner, Tourismusdirektor von Linz, davon überzeugt, dass sich durch Corona der Tourismus ändern werde. Steiner ist bekannt dafür, stets neue und vom Mainstream abweichende Wege in der Profilierung zu suchen. Mittlerweile zweifelt er daran, dass ein Transformationsprozess im Tourismus eingeleitet wurde. „Zu schnell sind die gängigen Muster wieder präsent. Sobald das Reisen möglich ist, starten die Kommunikationsmaschinerien der Destinationen. Ähnliche Botschaften, austauschbare Bilder. Nur wenige haben sowohl den Mut wie auch das kreative und visionäre Potential, auf einen smarteren Tourismus zu setzen. Es geht um Individualisierung, um eine breite In-Wertsetzung der Destination, um spielerische Elemente, um spannende Narrative, um hybride Formen und um mehr Lebendigkeit gegenüber industrieähnlicher Standardisierung. Es geht um mehr Tiefe versus Oberflächlichkeit und Klischees. Hier einen anderen Weg einzuschlagen, erfordert viel Kraftanstrengung. Wir bemühen uns darum seit Jahren, auch uns gelingt es oft nur teilweise“, erzählt Georg Steiner.

Schon vor dem Ausbruch der Pandemie setzten die Verantwortlichen des Linz Tourismus auf Qualität und Nachhaltigkeit. Aber die Herausforderungen stecken im Detail. Es sei einfacher, die Stadtkulissen zu präsentieren anstatt Begegnungen zu organisieren. Es gehe jedoch um die Einbindung der Menschen. Sie sind die Stadt. Sie setzen die Stadt in Wert – so wie sie ist, mit ihren Stärken und Schwächen. In Bezug auf die Touristinnen gehe es darum, diese nicht als Fremde wahrzunehmen, sondern als Gäste, als Besucherinnen und noch viel mehr als „Linzerinnen auf Zeit“ die erwünscht und willkommen sind. Reisen heißt offen sein für Neues, etwas zu entdecken und nicht nur jenen Spuren zu folgen, die die klassischen Reiseführer und die verankerten Bilder im Kopf vorgeben. So entstehen Erlebnisse.

„Unsere Gäste sollen Wertschätzung erleben und Neues entdecken. Jene die neugierig sind anstatt schon satt vom Alten sind die Besucherinnen, für die Linz in den vergangenen Jahren eine spannende Stadt geworden ist. Nicht erst die Kampagne ,Linz ist Linz‘ hat unsere Stadt vor allem in Österreich und Deutschland ins Gespräch gebracht. Auch die nachhaltige Weiterentwicklung von Linz09 führt nach wie vor dazu, dass Linz Tourismus zu vielen Konferenzen, Gesprächen, Buchbeiträgen und Expertinnentreffen eingeladen wird. Man spricht über Linz – anerkennend, beeindruckt und so konnte ein Feld gerade im Bereich der Multiplikatoren, ob Medien, Reisebranche und auch bei den Ausbildungseinrichtungen geschaffen werden, wo Linz als Synonym für eine ,progressive‘ Tourismusstrategie, als Stadt mit eigener Positionierung in Österreich analysiert und beachtet wird“, erklärt Georg Steiner.

Verkehrt können diese Philosophie und der eingeschlagene Weg nicht sein, wenn man auf die Zahlen blickt. 512.768 Nächtigungen wurden im Jahr 2021 in Linz gezählt. Dies ist im Vergleich zu 2020 eine Steigerung von rund 27 Prozent. Gemeinsam mit den beiden Mitgliedsgemeinden Ansfelden und Kirchschlag sind die Nächtigungen sogar bei 567.308. Damit liegt Linz deutlich vor anderen Städten in Österreich. Und es hat sich gezeigt, dass sobald die Rahmenbedingungen wieder passten (August bis November 2021), die Besuchsfrequenz an frühere Wert bis 2019 anknüpfte. Es sei eine deutliche Verschiebung hin zum Freizeitgast erkennbar. Der Großteil der Besucherinnen kommt aus Österreich (273.475), gefolgt von Deutschland (104.514), Polen, Ungarn, der Schweiz und Italien. „Das Potential an interessierten Reisenden aus Österreich und den Nachbarländern ist jedoch noch nicht abgeschöpft. Wir sind hier am richtigen Weg“, so Steiner und Grubauer.

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