Neues Konzept: Mitarbeiter-Sharing gegen Fachkräftemangel

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Ein Konsortium aus den Kantonen Graubünden und Tessin freut sich über die Nomination zum Milestone-Preis für Tourismus-Projekte in der Kategorie Innovation. Damit wird das Engagement des Vereins Mitarbeiter-Sharing gewürdigt. Dieser soll Kooperationen zwischen Saisonbetrieben aus der Hotellerie und Gastronomie im Personalbereich fördern und damit einen innovativen Ansatz gegen den Fachkräftemangel entwickeln.

Inspiriert von der Sharing Economy wurde das Projekt Mitarbeiter-Sharing im 2015 mit renommierten Partnern aus der Hotellerie und Gastronomie unter der Leitung der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur gestartet, um gegen den sich zuspitzenden Fachkräftemangel in der Saisonhotellerie und -gastronomie anzutreten. "Die Hotellerie und Gastronomie spüren den Fachkräftemangel je länger je mehr", meint Marcel Krähenmann, Präsident des Vereins Mitarbeiter-Sharing und selber Direktor eines Saisonbetriebes im Tessin.

Ausgebildete Fachkräfte bevorzugen demnach oftmals Ganzjahresstellen oder wandern wegen des vergleichsweise tiefen Lohnes oder fehlenden Karrieremöglichkeiten in andere Branchen ab; Nachwuchsprobleme kommen dazu. "Unsere Antwort darauf heisst Mitarbeiter-Sharing", ergänzt er. "Wir nutzen digitale Tools, um mit anderen Saisonbetrieben zu kooperieren und Mitarbeitenden eine attraktive Ganzjahresperspektive zu bieten - ein Erfolgsrezept, um konkurrenzfähig zu bleiben." Der 2016 gegründete Verein Mitarbeiter-Sharing, der Träger des Projektes ist, entwickelt denn auch eine eigene Plattform, die bis Ende 2018 noch innerhalb des Konsortiums und danach auch für weitere Saisonbetriebe das Bündeln von Sommer- und Winterstellen automatisiert und es Mitarbeitenden einfach macht, passende Stellen nach dem Motto "im Sommer am See, im Winter im Schnee" zu finden.

Perspektiven trotz Saisonalität

Bis im Frühling 2017 hätten dank des Projekts rund 200 Mitarbeiterwechsel stattgefunden. Jetzt im Herbst seien wiederum viele Mitarbeitende aus dem Tessin daran, sich für eine Tätigkeit in den Bergen vorzubereiten - und es würden laufend mehr. Die Vorteile für die Betriebe seien die bessere Mitarbeiterbindung. Zudem lohne sich ein Engagement für die Mitarbeitenden, denn nur so gelinge es, die besten Berufsleute zu rekrutieren. Die Mitarbeitenden schätzten die Erwerbssicherheit übers Jahr, aber auch die Kombination von Saisonstellen in angesehenen Betrieben. Corinne Denzler, Group Director der Tschuggen Hotel Group, spricht denn auch von einer Win-Win-Situation.

Brigitte Küng, Initiatorin des Projekts und Projektleiterin, sieht denn auch großes Potenzial für Mitarbeiter-Sharing: Von den rund 170.000 Angestellten im Schweizer Tourismus (VZÄ) entfielen 48% auf alpine Regionen, die tendenziell von Saisonalität betroffen seien. Das Potenzial an Saisonmitarbeitenden dürfte also bei mehreren 10.000 Personen liegen. Ebenso groß ist das Potenzial an Arbeitgebern, die an Mitarbeiter-Sharing interessiert sein dürften: Das Gastgewerbe in der Schweiz umfasst rund 30.000 Betriebe, wovon wiederum mindesten 5.000 von Saisonalität betroffen sind und Lösungen im Personalbereich suchen.

"Mitarbeiter-Sharing geht das dringende Fachkräfteproblem der Branche an. Gleichzeitig entspricht das Arbeitsmodell den Bedürfnissen nach Abwechslung und Erlebnisorientierung der Generation Y", betont die Projektleiterin der Fachhochschule aus Graubünden. Sie zeigt sich daher optimistisch. Einzig der Usus, dass viele Saisonkräfte regelmäßig monatelang Arbeitslosengeld beziehen, anstatt sich auf dem Markt anzubieten, mache Brigitte Küng noch etwas Sorgen. Sie sei aber zuversichtlich, dass auch hier Lösungen gefunden werden, denn es bestünden Partnerschaften mit den Arbeitsämtern und dem Seco.

Zukunftsweisendes Arbeitsmodell in der Praxis

Claudia Züllig, Gastgeberin des Hotel Schweizerhof Lenzerheide und Vorstandsmitglied, ist überzeugt vom innovativen Arbeitsmodell: "Saisonstellen im Sommer-Winter-Paket sind attraktiver. Wir wollen damit bestehende und neue Mitarbeitende fördern und begeistern." Bei Alessia Tagli, einer Mitarbeiterin aus dem Tessin, gelang dies bereits: "Mitarbeiter-Sharing ist für mich eine fantastische Chance, mich persönlich und beruflich weiter zu entwickeln", meint sie enthusiastisch – und lässt den Worten Taten folgen: Nachdem sie den letzten Winter zum ersten Mal in Graubünden verbracht und im Sommer wieder in ihrem angestammten Betrieb in Lugano gearbeitet hat, kehrt sie diesen Dezember erneut nach Graubünden zurück.

www.htwchur.ch
www.htr-milestone.ch
www.mitarbeiter-sharing.ch