Hotellerie: IHA blickt zuversichtlich in die Zukunft

am . Veröffentlicht in Hotellerie & Hospitality Management

Die Hotellerie könne vom anhaltenden Aufwärtstrend im Deutschlandtourismus profitieren und auf stabilem Wachstumskurs bleiben. Das teilte zumindest der Hotelverband Deutschland (IHA) bei der Vorstellung seines Branchenreports "Hotelmarkt Deutschland 2012" mit.

Trotz eines schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeldes stünden die Chancen auch für ein erfolgreiches Jahr 2012 gut. Voraussetzung dafür seien verlässliche und vernünftige Rahmenbedingungen insbesondere in der Steuerpolitik. "Mit der Gesamtwirtschaft konnte die deutsche Hotellerie Dank der Mehrwertsteuersenkung für Übernachtungen die Rezession hinter sich lassen und das Vorkrisenniveau wieder erreichen", sagte der IHA-Vorsitzende Fritz G. Dreesen in Berlin. "Die vielerorts aus Reflex eingeführten Bettensteuern gefährden diese positive Entwicklung bei Beschäftigtenzahlen und Investitionen aber nachhaltig." Große Sorge bereite den Hoteliers im Lande ferner ihre wachsende strukturelle Abhängigkeit von Online-Buchungsportalen und die damit verbundenen Kostenbelastungen und Wettbewerbsbeschränkungen.

Das Reiseland Deutschland werde bei den Gästen aus dem Inland und Reisenden aus aller Welt immer beliebter. Im Trend lägen Städte- und Wellnessreisen. Auch der Geschäftsreiseverkehr und Tagungstourismus befänden sich im Aufwind. Laut Statistischem Bundesamt steige die Anzahl der Übernachtungen in der Hotellerie im Jahr 2011 um 5,5 Prozent auf 240,8 Millionen (Vorjahr 228,3 Millionen). Der Anteil ausländischer Touristen und Geschäftsreisender erreiche mit 63,7 Millionen Übernachtungen eine neue Rekordmarke (+ 5,7 Prozent).

Die erfreulichen Ergebnisse spiegelten sich in den Kennziffern der Hotellerie wider. Nach den Auswertungen des Hotelbenchmarks von STR Global, dem für Deutschland die Daten von rund 800 Hotels zugrunde lägen, stiegen Auslastung, Zimmerpreise und Zimmererträge in allen Segmenten an. So nahm die durchschnittliche Zimmerbelegung von 63,3 Prozent auf 65,1 Prozent (+2,7 Prozent) zu. Die Netto-Zimmerpreise (ohne MwSt. und Frühstück) kletterten trotz anziehender Konjunktur nur leicht um 1,4 Prozent auf 92 Euro (Vorjahr 91 Euro). Mit 98,50 Euro blieben die für den Endverbraucher wichtigen Brutto-Zimmerpreise noch unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2008. Hieraus resultiere ein um durchschnittlich 4,2 Prozent höherer durchschnittlicher Zimmerertrag (RevPAR) von 60 Euro.

Mit diesen Werten liege Deutschland im europäischen Vergleich allerdings noch immer abgeschlagen zurück. So betrage die durchschnittliche Auslastung in Europa 66,3 Prozent (Deutschland 65,1 Prozent). Auch beim erzielten Netto-Zimmerpreis ließ der europäische Hotelmarkt mit einem Anstieg von 2,6 Prozent auf 100 Euro Durchschnittspreis Deutschlands Hotellerie deutlich hinter sich (+1,4 Prozent auf 92 Euro). Der Zimmerpreis in Deutschland lag damit um acht Euro bzw. 8,7 Prozent unter dem europäischen Vergleichswert.

Trotz bestehender Überkapazitäten entstünden weiterhin zahlreiche neue Hotels zwischen Ostsee und Alpen: Für die nächsten drei Jahre seien bundesweit 498 Neu-, Um- und Ausbauten geplant - vor allem im Drei- bis Vier-Sterne-Bereich. Werden alle Investitionsprojekte auch realisiert, drängten bis 2014 weitere 66.000 zusätzliche Hotelzimmer auf den deutschen Hotelmarkt.

Der konjunkturelle Aufschwung schlug sich auch positiv in den Umsatzzahlen des Statistischen Bundesamtes nieder: Die Hotels, Hotels garnis, Gasthöfe und Pensionen erzielten 2011 einen Nettoumsatz von 18,6 Milliarden Euro und setzten damit nominal 3,9 Prozent (real 2,7 Prozent) mehr um als im Vorjahr - und das nach einem Plus in 2010 von nominal 6,9 Prozent.

Der seit 1. Januar 2010 geltende reduzierte Mehrwertsteuersatz habe den Weg frei gemacht für umfassende Investitionen, glaubt man beim IHA. "Neben Neuanschaffungen, Modernisierungen und Umbauten in Millionen-Euro-Höhe haben die Hoteliers die gesparte Steuer für Tausende Neueinstellungen genutzt", meint Dreesen. Am Stichtag 30. Juni 2011 zählte die Bundesagentur für Arbeit 265.445 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Beherbergungsgewerbe. Das seien 13.643 mehr Beschäftigte als zwei Jahre zuvor, was einer Steigerung von 5,4 Prozent entspreche. Die Gesamtwirtschaft verzeichnete in diesem Zeitraum nur ein Plus von 3,7 Prozent. "Tausende Arbeitsplätze konnten zudem gesichert werden", fügte der Hotelverbandsvorsitzende hinzu. Auch der Anstieg der bei der Bundesagentur gemeldeten offenen Stellen von durchschnittlich mehr als 20 Prozent und der  Rückgang der Arbeitslosenzahlen der Branche seien Ergebnis der Mehrwertsteuersenkung.

Steuerdiskussionen gefährden Aufschwung

Trotz des Hintergrunds der Eurokrise zeige sich die Hotellerie für 2012 wegen der weiterhin starken Binnennachfrage vorsichtig optimistisch. Der Hotelverband gehe von einer Steigerung der Übernachtungen um ein bis zwei Prozent aus und rechne mit einem moderaten Wachstum der Umsätze um ebenfalls ein bis zwei Prozent. "Voraussetzung dafür ist eine verlässliche und vernünftige Politik", betonte Dreesen. Kein Verständnis habe die Branche für die immer wieder aufkommende Diskussion um die Mehrwertsteuersenkung: "Investitionen setzen Vertrauen in die Rahmenbedingungen und Planungssicherheit voraus."

Eine deutliche Absage erteilte Dreesen den nach Ansicht des Verbandes verfassungswidrigen Bettensteuern, die in immer mehr Städten und Gemeinden eingeführt würden: "Solche Matratzen-Mauten zum Stopfen allgemeiner Haushaltslöcher bedienen lediglich vorsätzlich geschürte Neiddebatten und dienen keinesfalls einer zukunftsfesten Finanzierung öffentlicher Tourismusaufgaben." Der IHA-Vorsitzende verwies auf die laufenden Gerichtsverfahren gegen die Bettensteuern. So unterstütze der Hotelverband zusammen mit dem DEHOGA Bundesverband entsprechende Klagen beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die mündliche Verhandlung sei für Sommer dieses Jahres angesetzt.

Freier Wettbewerb im Netz gefordert

Neben den wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen thematisierte Dreesen auch die rasant wachsende Bedeutung des Internets für die Branche als Kommunikations- und Vertriebskanal.

Die Hälfte der Deutschen informiere sich bereits online über Urlaubsreisen (FUR-Reiseanalyse). Fast jede dritte Buchung (30,1 Prozent) erfolge heute elektronisch in Echtzeit über Internet-Buchungsplattformen, die Website oder globale Reservierungssysteme, so das Ergebnis einer gemeinsamen Umfrage des Hotelverbandes Deutschland, der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) und hotelleriesuisse in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis in Siders.

Gemäß der aktuellen Studie sei der Hotel Reservation Service (HRS) mit einem Anteil von 34,4 Prozent in 2011 Marktführer unter den Online-Buchungsportalen in Deutschland. Mit der Übernahme von Hotel.de, dem mit einem Marktanteil von 15,8 Prozent drittgrößten deutschen Portal, im Oktober 2011 baute HRS seine Spitzenposition weiter aus. Zählt man den deutschen Marktanteil von Tiscover, das ebenfalls zur HRS-Gruppe gehört, dazu, ergebe sich für HRS ein Anteil von 50,6 Prozent.

Das Verfolgerportal Booking.com habe innerhalb der letzten Jahre auf dem deutschen Markt stark aufgeholt und 2011 einen Marktanteil von 28,5 Prozent erreicht. Damit sei Booking.com das zweitgrößte Online-Buchungsportal hinter HRS. Expedia, wozu auch die Online-Buchungsplattformen Venere und Hotels.com gehören, stagniere bei einem Marktanteil von 7,6 Prozent mit deutlichem Abstand zu den beiden in Deutschland größeren Wettbewerbern. "Angesichts der Übermacht der drei Big Player, die fast 90 Prozent des Online-Buchungsmarktes beherrschen, ist die Marktbedeutung anderer Hotelbuchungsportale nahezu irrelevant. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren eine weitere deutliche Marktbereinigung und Konsolidierung stattfinden wird", machte Dreesen deutlich.

"Der Hotelverband wird diese Entwicklung sehr genau beobachten und gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte gegen das immer engmaschigere Netz einseitiger Meistbegünstigungsklauseln der Online-Buchungsportale einleiten", kündigte Dreesen an. So habe das Bundeskartellamt bereits im Februar 2012 den Marktführer HRS wegen einer solchen Meistbegünstigungsklausel, mit der sich HRS u.a. stets die besten Preise von den Vertragspartnern sichere, abgemahnt. "Auch die aktuelle Rechtsprechung bestätigt uns in der Auffassung, dass die von HRS und anderen Buchungsportalen betriebene Praxis der Meistbegünstigungsklauseln gegen geltendes Kartellrecht verstößt", berichtete Dreesen. "Der Hotelverband wird sich weiter mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Märkte offen und wettbewerbsfähig bleiben - zum Nutzen der Hotellerie, der Vertriebspartner und natürlich unserer Gäste."

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