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Bayerisches Zentrum für Tourismus definiert Herausforderungen für die Zukunft des Tourismus in Bayern

am . Veröffentlicht in Strategie, Orga & Finanzen

Bayern Wilperting

 

„Lessons learned? Konsequenzen und Herausforderungen für die Zukunft des Tourismus in Bayern“ lautete der Titel der Abschlussveranstaltung im Rahmen der achtteiligen Jahresdialogreihe 2021 des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT). Dabei wurden die Kernthemen der bisherigen Dialoge zusammengefasst und daraus resultierende Konsequenzen und Herausforderungen für die Zukunft des Tourismus in Bayern diskutiert.

Mit in den Austausch eingebunden war der bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Hubert Aiwanger, über ein vorab aufgezeichnetes Interview. Er äußerte sich unter anderem zu Themen wie Besucherlenkung und Digitalisierung.

„Die Tourismuswirtschaft hat sich erstaunlich gut durch die Coronakrise geschlagen“, lautete die anfängliche Bilanz von Hubert Aiwanger im letzten Jahresdialog 2021 des BZT. Er betonte, dass für die Zukunftsfähigkeit des Tourismus vor allem eine maßvolle Besucherlenkung wichtig sei. Zudem müssen „Tourismusprojekte in Abstimmung mit den Menschen vor Ort entwickelt werden“, lautete seine Prognose für einen zukunftsfähigen Tourismus im Freistaat. Zugleich wies der Minister auf die vielen verschiedenen Förderprogramme Bayerns hin und appellierte an die touristischen Betriebe, sie vor allem für die Digitalisierung ihrer Branche zu nutzen.

Moderiert wurde der abschließende BZT-Jahresdialog von Prof. Dr. Alfred Bauer, Leiter des Bayerischen Zentrums für Tourismus, der mit Prof. Dr. Jürgen Schmude (wissenschaftlicher Leiter des BZT) und Prof. Dr. Marco A. Gardini (stellvertretender Leiter des BZT) die bisherigen Erkenntnisse der sieben Dialoge in diesem Jahr bilanzierte. Zudem schilderten die geladenen Branchenexpert*innen ihre Erfahrungen und gaben einen Ausblick auf das Jahr 2022.

Julia Zwicker, Geschäftsführerin der Panoramahotel Oberjoch GmbH, unterschied dabei in ihrem Rückblick zwischen dem ersten und zweiten Lockdown. Während im ersten Lockdown die Hilfen viel zu langsam geflossen seien und ein wirtschaftliches Überleben ohne Hilfe der Banken schwierig gewesen wäre, folgte nach einem „supererfolgreichen Sommer“ der zweite Lockdown. „Seine Länge hat überrascht, doch kamen die Hilfen deutlich schneller an“, bekräftigte sie. Sorge bereiten ihr die Mitarbeiter*innen-Abwanderung und die fehlende Qualifikation der Auszubildenden aufgrund der langen Schließungen und damit einhergehender Kurzarbeit. „Wir sind noch nicht raus aus der Krise“, mahnte sie. "Zudem sind kurzfristige Schließungen und Wiedereröffnung der Betriebe infolge von lokalen Lockdowns nicht praktikabel und führen bei den Gästen zu großer Verunsicherung“, so Julia Zwicker.

Werner Sülberg, Lehrbeauftragter für Tourismusmanagement an der Hochschule Frankfurt/Main und der KU Eichstätt, und zuvor über 40 Jahre lang in leitenden Funktionen bei DER Touristik, widmete sich in seinem Beitrag dem Segment der Reiseveranstalter. Er stellte fest, dass die Reiselust laut Erhebungen der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. während der Coronapandemie keineswegs gelitten habe. „Allerdings fand beim Verbraucher aufgrund der Grenzschließungen bei den Ferndestinationen eine Rückbesinnung vom internationalen Tourismus auf den Binnentourismus statt“, betonte er. Die Veranstalter hätten über zwei Jahre lang Umsatzrückgänge von rund 85 Prozent zu verzeichnen und mit nur 15 Prozent des normalen Umsatzvolumens ihre Kund*innen voll entschädigen und sämtliche eigenen Kosten decken müssen. „Aufgrund der aktuellen Situation wird es für einige Reiseveranstalter hinsichtlich ihrer Liquidität in der nächsten Zeit sehr eng“, lautete seine Befürchtung.

Prof. Dr. Jürgen Schmude stellte mit Blick auf die Nachfragesituation in der Tourismusbranche fest, dass die COVID-19-Krise eine „Dauerkrise ohne Ausweichmöglichkeiten für Reisende“ darstelle. Eine Folge davon: „Das berühmte kurze Gedächtnis, wie bei vorherigen Krisen der Touristik, funktioniert nicht mehr.“ Ein aktuelles Forschungsprojekt zeige jedoch, dass das Thema Sicherheit für die Bevölkerung kein Problem darstelle. „Dies wird nicht das dominierende Thema für die Zukunft des Tourismus sein“, untermauerte er. Vielmehr habe die Pandemie die Menschen zu einer viel stärkeren Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit angehalten.

Die teilnehmenden Expert*innen am BZT-Jahresdialog tauschten sich zudem über die große Bedeutung der Digitalisierung für die Zukunft der Tourismusbranche aus. Prof. Dr. Vanessa Borkmann vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und Professorin für Tourismus an der SRH Berlin University of Applied Sciences forderte die touristischen Betriebe auf, „einfach einmal anzufangen, sich damit zu beschäftigen.“ Wichtig sei jedoch ein Zusammenschluss mit anderen Unternehmen, um sich auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. „Die letzte Abzweigung auf diesem Weg muss dann jeder für sich selbst gehen. Wichtig ist zudem, sich von der ausschließlichen Sichtweise des Gastes zu lösen und das Thema Digitalisierung auch aus betrieblicher Sicht anzugehen“, lautete ihr Appell.

„Digitalisierung sollte als Unterstützung gesehen werden, insbesondere vor dem Hintergrund des Personalmangels. Die Digitalisierung steht nicht im Widerspruch zu qualitätvollen Serviceprozessen“, so Borkmann weiter.

Oswald Pehel, Geschäftsführer Tourismus Oberbayern München e.V., und Mathias Behrens-Egge, geschäftsführender Gesellschafter BTE Tourismus- und Regionalberatung, äußerten sich abschließend zum Thema Besucherlenkung. „Dies ist ein starkes Managementthema und das Ziel muss eine effektive Lenkung unter anderem durch digitale Tools sein, damit die Besucherströme sinnvoll gesteuert werden können“, so Oswald Pehel.

Mathias Behrens-Egge ergänzte, dass bei aller Diskussion um Digitalisierung nicht vergessen werden dürfte, dass sich viele Gäste weiterhin analog informieren. Beide sind sich einig, dass eine neue Verträglichkeit nicht nur heißt, den Individualverkehr einzudämmen und Naturraum zu schützen, sondern vielmehr auch ein stärkeres Zusammenrücken von Einwohner- und Tourismusinteressen bedeutet.

Als Leitthema für die Jahresdialoge 2022 kündigte Prof. Dr. Alfred Bauer den Klimawandel und seine spezifischen Anpassungsstrategien in verschiedenen Bereichen des Tourismus an. Auch hierzu ist im kommenden Jahr wieder eine mehrteilige Dialogreihe des BZT geplant. Die Jahrestagung des BZT wird sich am 17. und 18. Mai 2022 dem Thema „Tourismus im Zeichen des Klimawandels – Wachstum, neue Verantwortung, Verzicht …?“ widmen, so Prof. Dr. Alfred Bauer.

Alle aufgezeichneten Fachgespräche der Dialogreihe sind hier https://bzt.bayern/jahresdialoge/ abrufbar.

Bild: Getty Images / Canva

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