Schleswig-Holstein-Tourismus: "Verhältnismäßig gut" - Gästeansturm nach monatelangen Schließzeiten

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sankt peter ording südstrand

 

Der Schleswig-Holstein-Tourismus hat im ersten Halbjahr 2021, trotz der Schließzeiten und erwarteten Rückgänge bei Übernachtungen und Ankünften, ein verhältnismäßig gutes Ergebnis erreicht.

Der echte Norden belegt demnach mit 8,78 Mio. Übernachtungen und einem Rückgang von 2,7 % ggü. dem Vorjahreszeitraum in den ersten sechs Monaten des Jahres erstmals Platz drei im Ranking der inländischen Destinationen nach Bayern (Platz 1) und Baden-Württemberg (Platz 2).

Tourismusminister Dr. Bernd Buchholz sagte: „Die touristischen Modellprojekte ab April haben Schleswig-Holstein im ersten Halbjahr einen strategischen Vorteil für den Urlaubstourismus verschafft – und das auch dank aller Beteiligten in den Orten und Kreisen. Noch nie war der echte Norden im Bundesvergleich auf Rang drei. Unsere Tourismuswirtschaft hat sich trotz aller Herausforderungen als krisenfest erwiesen und die Gäste haben ihre Treue und Begeisterung für unser Reiseland gezeigt.“

„Für die Zukunft müssen wir uns zum einen um die Gewinnung von Arbeitskräften in den Tourismusbetrieben kümmern und zum anderen um die Tourismusakzeptanz vor Ort. Viele Einheimische sorgen sich, dass teilweise zu viele Gäste vor Ort sind und ihre Interessen nicht ernst genommen werden. Hier sind Lösungskonzepte und Kommunikationskampagnen gleichermaßen notwendig“, sagte Tourismusminister
Dr. Bernd Buchholz.

Auch Dr. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein sieht Licht und Schatten in der aktuellen Situation: „Nach monatelangem Stillstand ist ein Aufwärtstrend im Tourismus erkennbar. Überall kamen Gäste in Strömen zu uns, sobald die Beherbergungs- und Freizeitbetriebe wieder öffnen konnten. Sorgenkind ist derzeit noch die Tagungs- und Veranstaltungswirtschaft. Sie erholt sich nur langsam und steht weiter unter dem Eindruck der Unsicherheit der pandemischen Lage. Ganz besonders positiv hat sich der Campingurlaub in Schleswig-Holstein entwickelt. Hier konnten gegen den Bundestrend sogar deutliche Zuwächse in 2021 gegenüber den Vorjahren erreicht werden.“

„Auch für die zweite Jahreshälfte haben sich viele Gäste für Schleswig-Holstein entschieden und schon ein Quartier gebucht. Das stimmt positiv für die Betriebe und die Entwicklung des Schleswig-Holstein-Tourismus in den kommenden Monaten“, so Dr. Bettina Bunge abschließend.

Zentrale Ergebnisse der Halbjahresbilanz:

  • Nur 6 1/2 der insgesamt 26 1/2 Wochen des ersten halben Jahres konnten alle Beherbergungsbetriebe öffnen. Für die gesamte Tourismusbranche in Schleswig-Holstein galt: Juni 2021 war der erste Monat mit kompletter Öffnung für den Tourismus.
  • Die Teilnehmer der Modellregionen, Ostseefjord Schlei, Eckernförde, Nordfriesland, Büsum und die Innere Lübecker Bucht profitieren deutlich von dem früheren Einstieg ins Tourismusgeschäft. Außerdem erzeugte es überregionale Aufmerksamkeit in den Medien und zog auch neue Gästegruppen in die Region.
  • Der Aufwärtstrend betrifft alle Regionen. Nicht nur Nord- und Ostsee, sondern auch die Gebiete zwischen den Küsten profitieren teils erheblich.
  • Hohe Anzahl geöffneter Betriebe und flächendeckendes Bettenangebot: Mit 3.743 geöffneten Beherbergungsbetrieben (im Juni) liegen die Kapazitäten nur wenig unter denen des Jahres 2019 (3.957). Die Bettenkapazität hat sich derweil sogar leicht erhöht im Vergleich zu 2019 (2021: 233.298 / 2019: 230.776).
  • 2021 gegenüber 2019 aber noch mit hohen Verlusten
  • Ausnahme Campingwirtschaft! Sie erzielt einen Zuwachs ggü. 2020 und 2019! Auf den 267 geöffneten Campingplätzen wurden im 1. Halbjahr 2021 insgesamt erstmals 1.482452 Übernachtungen gezählt. Im Vergleich waren es im 1. Halbjahr 2020 insgesamt 1.189260 Übernachtungen (1. Halbjahr 2019: 1.428138).

Die 10 beliebtesten Orte/Regionen

  1. Sylt (Gemeinde)
    (725.331 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  2. Sankt Peter-Ording
    (455.813 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  3. Lübeck (mit Travemünde)
    (417.863 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  4. Grömitz
    (308.445 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  5. Timmendorfer Strand
    (295.927 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  6. Fehmarn
    (290.354 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  7. Wyk auf Föhr
    (265.155 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  8. Büsum
    (246.015 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  9. Wenningstedt-Braderup
    (213.195 Übernachtungen Januar - Juni 2021)
  10. Kiel
    (192.708 Übernachtungen Januar - Juni 2021)

Incoming Tourismus aus dem Ausland: Dramatischer Schwund

Durch Einreisebeschränkungen, Quarantäneregelungen und Zurückhaltung der Gäste gibt es einen dramatischen Einbruch im Bereich Übernachtungen aus dem Ausland. Waren es im ersten Halbjahr 2019 noch 866.270 Übernachtungen sind es im Jahr 2021 nur 158.103 Übernachtungen.

Aufenthaltsdauer verlängert sich erneut

Die Aufenthaltsdauer der Gäste ist nochmals gestiegen auf 5,1 Tage. Nur Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet dieselbe Länge. Dahinter folgt das Saarland mit 4,1 Tagen. Wer sicher war, dass er reisen durfte, hat seinen Aufenthalt entsprechend gleich länger angelegt.

Prognose für die nächsten Monate

Die touristische Entwicklung zeigt aufwärts, voraussichtlich werden Juli und August Top-Ergebnisse liefern. Die Regionen und Orte verzeichnen eine teils bereits jetzt gute Buchungslage für Herbst und Winter 2021. Hier wird eine Verlängerung der Saison erkennbar. Trotzdem ist die Lage weiter von der Unsicherheit durch die pandemische Entwicklung geprägt. Das gilt für Gäste und Branche gleichermaßen. Sorgenkind bleibt das Veranstaltungs- und Tagungsgeschäft. Es startet deutlich langsamer und mit geringeren Erträgen und schlechterer Auslastung.

Zukunftsaufgaben

Über die nächsten Monate hinaus sei es für die Branche wichtig, dass sich weiterhin ein gemeinsames Engagement von Wirtschaft und Politik für die Leitökonomie Tourismus in Schleswig-Holstein etabliert. Für die Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe wird die Mitarbeiter-(Rück)Gewinnung ein zentrales Thema sein. Ebenfalls von zentraler Bedeutung wird die Einbindung der Bevölkerung zur Schaffung von flächendeckender Tourismusakzeptanz werden. Das Gefühl „es sind zu viele Gäste da“, das sich gegenwärtig unter Einheimischen nicht nur an Hotspots etabliert, muss aufgegriffen und ernst genommen werden.

Die aktuelle Lage zeige zudem, dass die Gäste einen hohen Informations- und Betreuungsbedarf haben. Der Preisanstieg für Anreise und Aufenthalt gleichermaßen wird sich auf die kommende Urlaubsplanung auswirken. Nahziele und erdgebundene Reisen werden gegenüber Fernreisezielen (noch) favorisiert. Veranstaltungsplaner suchen sichere Tagungsmöglichkeiten mit digitaler Topausstattung. Die Bevölkerung kritisiert vermehrt den Tourismus, sieht mehr Nachteile als Vorteile. Gleichzeitig wollen Gäste sich willkommen fühlen und sie erwarten ein sicheres Reiseerlebnis.

Gerade im Hinblick auf die Zukunft mit einem Wiedererstarken des europäischen und später internationalen Reisemarktes gelte es weiter, Schleswig-Holstein als attraktiven Tourismus- und Tagungsstandort im Wettbewerb der Destinationen fest zu etablieren. Dazu muss weiter an der Kundenbindung von neuen Gästegruppen vor allem aus dem Inland sowie Rückgewinnung von Gästen aus dem Ausland gearbeitet werden. Eine flächendeckende Produktentwicklung von nachhaltigen, innovativen Angeboten für einen zukunftsfähigen Schleswig-Holstein-Tourismus ist wünschenswert.

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Bild: destinet/Matthias Burzinski