Klimawandel: Bayerns Skigebiete schmelzen dahin

Der Deutsche Alpenverein hat eine Studie zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Skigebiete im bayerischen Alpenraum in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Auch die Beschneiung wird bald nicht mehr helfen.

Laut Studie sei davon auszugehen, dass selbst bei einem weiteren Ausbau der Beschneiung in rund 20 Jahren nur noch 50 bis 70 Prozent dieser Skigebiete schneesicher sein würden. Auf lange Sicht könnte diese Quote bis unter fünf Prozent absinken.

"Beschneiung wird also nur noch mittelfristig und nur an bestimmten Orten möglich sein", sagt Hanspeter Mair, Geschäftsbereichsleiter Hütten, Naturschutz und Raumordnung beim DAV. "Angesichts der immensen Investitionen und des riesigen Verbrauchs an Wasser, Energie und Landschaft gilt es, jedes einzelne Projekt genau zu prüfen." Am wichtigsten sei es, einen Masterplan zur touristischen Entwicklung des bayerischen Alpenraums zu entwerfen.
 
Langfristig nur noch drei Skigebiete schneesicher

Im Unterschied zu vorangegangenen Untersuchungen berücksichtige die vorliegende Studie  die technische Beschneiung und breche die Schneesicherheitsprognosen auf die einzelnen Skigebiete herunter. Damit lägen erstmals konkrete und detaillierte Daten für die Skigebiete in den bayerischen Alpen vor. Die wesentlichen Ergebnisse sind:

• Selbst mit massivem Ausbau der Beschneiung seien mittelfristig (= innerhalb von 15 bis 25 Jahren) wahrscheinlich nur noch 50 bis 70 Prozent der Skigebiete in den bayerischen Alpen schneesicher. Dabei handele es sich um die höher gelegenen Gebiete. Zum Vergleich: Derzeit wären 85 bis 100 Prozent der Skigebiete schneesicher, sofern man die Beschneiung massiv ausbauen würde. Ohne Beschneiung schneesicher seien derzeit 30 bis 50 Prozent der bayerischen Skigebiete.
• Langfristig (innerhalb von 25 bis 65 Jahren) sinke der Anteil der schneesicheren Skigebiete auch bei massivem Ausbau der Beschneiung stark ab. Wegen großer Prognose-Unsicherheiten schwankten die Schätzungen zwischen unter fünf und rund 40 Prozent. Vermutlich würden sich die schneesicheren Gebiete trotz Beschneiung auf Fell- und Nebelhorn sowie die Zugspitze reduzieren.
• Zur Wahrung der Schneesicherheit müssten die Skigebiete in den bayerischen Alpen mittelfristig rund ein Drittel mehr Schnee produzieren als heute. Langfristig müsste die Schneeproduktion verdoppelt bis verdreifacht werden.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Beschneiung langfristig in kaum einem bayerischen Skigebiet eine Versicherung gegen den Klimawandel sein könne. Kurz- bis mittelfristig mag die Beschneiung ein probates Mittel sein – allerdings nur an bestimmten Standorten und nur, wenn man ausschließlich klimatischtechnische Aspekte berücksichtige. Ob sich die Skigebiete bei deutlich steigenden Beschneiungskosten noch rentabel betreiben ließen, bedürfe einer gesonderten Analyse. Und ob die ökologischen Folgen eines massiven Ausbaus der Beschneiung akzeptabel seien, sei dabei ebenfalls nicht berücksichtigt. Für Hanspeter Mair steht fest: "Beschneiung ist kein Allheilmittel."

Im Einzelnen fordert der DAV angesichts der Untersuchungsergebnisse:

• Keine Steuergelder für Beschneiungsanlagen: Die finanzielle Förderung des Tourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor in den bayerischen Alpen dürfe nicht einseitig dem Ausbau der Skigebiete zugutekommen. Es dürften keine Steuergelder in Schneekanonen fließen. Langfristig angelegte Konzepte seien gefragt, denn Natur und Landschaft der Alpen seien die Basis eines nachhaltigen Tourismus und damit auch ein wesentlicher Faktor für die Einkommenssicherung.
• Eingriffe in der sensiblen Alpenlandschaft minimieren: Die technische Infrastruktur für den Betrieb von Beschneiungsanlagen sei mit deutlichen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden. Dazu komme der hohe Wasser- und Energieverbrauch, der mit dem Klimawandel noch zunehmen werde. Diese negativen Auswirkungen gelte es zu minimieren, indem vor allem in tiefer gelegenen Skigebieten und in wertvollen Landschaften der Alpen auf den Bau neuer Beschneiungsanlagen verzichtet werde.
• Alternative Tourismuskonzepte vorantreiben: Der DAV ruft die Bayerische Staatsregierung auf, eine übergeordnete Strategie für die nachhaltige Entwicklung des Tourismus in den bayerischen Alpen aufzustellen und umzusetzen. Dabei müssten aktuelle Erkenntnisse zum Klimawandel ebenso berücksichtigt werden wie Fragen der regionalen Raumplanung, etwa im Hinblick auf die Verkehrserschließung. Gerade in niedrig gelegenen Skigebieten müssten alternative Tourismuskonzepte vorangetrieben werden, die sanfte Tourismusformen in den Mittelpunkt stellen. Ein Strukturwandel sei in vielen Regionen unausweichlich.
• Ökologische Kriterien bei Genehmigungsverfahren stärker gewichten: Neubau und Erweiterung von Beschneiungsanlagen, die mit massiven Eingriffen in die Umwelt verbunden seien, müssten an strenge ökologische Kriterien geknüpft werden. Ohne den Nachweis der langfristigen Wirksamkeit und größtmögliche Rücksicht auf Natur und Landschaft dürften neue Beschneiungsanlagen nicht mehr genehmigt werden. In den Genehmigungsverfahren müssten daher auch langfristige Klimaprognosen berücksichtigt werden. Wirtschaftliche Abschreibungszeiträume seien als Maßstab für eine nachhaltige Entwicklung in den bayerischen Alpen nicht geeignet.

http://www.alpenverein.de/

Bild: DAV Steffen Reich