Einzelfall oder Trend? Bürgerentscheid gegen Center Parc am Brombachsee im Fränkischen Seenland

Geschrieben von Matthias Burzinski am . Veröffentlicht in Lernkurve (Zukunftsblog)

Brombachsee

 

Tourismus kann spalten, zumindest, wenn es um die Ansiedlung von Ferien- und Freizeitgroßanlagen geht. Mit einer knappen Mehrheit haben sich die Bürger*innen der Gemeinde Pfofeld in einem Ratsbegehren gegen einen Center Parcs am Brombachsee im Fränkischen Seenland entschieden. Wie ist das zu deuten?

Der Center Parc sollte auf dem Gelände eines ehemaligen Munitionslagers entstehen, für das nun neue Nutzungsideen entwickelt werden sollen. Es ist im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA). Die Wahlbeteiligung war hoch: 84,2 Prozent der 1.303 Wahlberechtigten hatten abgestimmt. Mit 52,4 Prozent konnten sich die Gegner durchsetzen, was eine gewisse Spaltung der Bürger*innen abbildet. Als zufriedenstellend wurde nur die hohe Beteiligung bewertet.

Medienberichten zufolge zeigte sich Center Parcs enttäuscht von dem Ergebnis, will sich aber damit endgültig von den Planungen am Brombachsee zurückziehen. Die Bürgerinitiative "Seenland in Bürgerhand" hingegen sei erleichtert, hatte sich jedoch ein eindeutigeres Ergebnis gewünscht. Innerhalb der Bevölkerung könnten sich die Diskussionen um das Vorhaben fortsetzen. Die Bürgerinitiative sieht auf dem Areal der Muna eher ein Naturschutzgebiet und hatte sich explizit gegen einen möglichen "Massentourismus" gewandt.

Letztlich standen sich zwei typische "Lager" gegenüber, die eine Seite hoffte auf positive regionalwirtschaftliche Effekte infolge der Investition, die andere Seite bewertete den geplanten Park als ökologisch bedenklich und sah den Naturschutz gefährdet. Insgesamt spiegelt sich in der Entscheidung eine Polarisierung in der Haltung gegenüber dem Tourismus wider. Nicht wenige vermuten dahinter einen Trend infolge des Overtourism, der mancherorts festzustellen ist. Fakt ist sicher, dass der Tourismus zunehmend wegen seiner potenziellen negativen Auswirkungen in die Kritik gerät. Doch Freizeitgroßanlagen wurden schon immer kritisch betrachtet.

Ferienparks und Freizeitgroßanlagen als Symbol für einen fundamentalen Konflikt?

Denn es gibt die Diskussionen um Freizeitgroßanlagen schon seit Entstehen dieser Anlagen und jeder Einzelfall präsentiert sich anders. Schon in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es in einigen Bundesländern Leitfäden zum Umgang mit Ferien- und Freizeitgroßanlagen, etwa in NRW, um die jeweiligen Auswirkungen gegeneinander abzuwägen. Da ich selbst an mehreren dieser Prozesse mitgearbeitet habe, konnte ich verfolgen, wie differenziert Argumente auszutauschen und zu kommunizieren sind. Politik und Bürger*innen müssen im Prinzip in den Stand versetzt werden, sachgerecht zu entscheiden. Jedoch wissen wir auch: Manchmal "gewinnt" die Seite, die die bessere "Story" erzählt. Wer kommunikativ nicht durchdringt, hat keine Chance im Meinungsbildungsprozess. Nur wenige Bürger*innen lesen Gutachten. Dies ist ein nicht auflösbares Dilemma, gerade wenn es um Bürgerentscheide geht.

Damals wurden ausgefeilte Planungsmechanismen entwickelt, die bis heute gelten, z.B. Umweltverträglichkeitsprüfungen, Machbarkeitsstudien, verschiedenste Fachgutachten etc., um diese Abwägungen vornehmen zu können. Kritiker*innen sahen damals darin schon eine Verlangsamung von Planungsprozessen, andere befürworten diese detaillierten Untersuchungen als notwendigen Prozess. Beide Sichtweisen kann man verstehen und nachvollziehen. Wichtig ist: Ohne diese Prozesse wäre die Polarisierung vermutlich noch größer, denn wenn Entscheidungen nicht mehr nachvollziehbar sind, gedeihen toxische Gerüchte und Meinungen.

Insofern lässt sich aus der Ablehnung des Center Parc vermutlich noch kein grundsätzlicher Trend zuungunsten des Tourismus ablesen. Sachliche Argumente und gutachterliche Grundlagen, die Kommunikation der Befürworter*innen und Gegner*innen und viele andere Perspektiven fließen in eine persönliche Entscheidung ein. Doch jeder dieser Fälle ist eine Analyse wert, um festzustellen, was letztlich zur Entscheidung geführt hat: Argumente, die "Story", ein neuer Zeitgeist? Akzeptieren müssen wir das Ergebnis allemal, sonst wäre es nicht nur um den Tourismus hierzulande schlecht bestellt.

Zu den Ergebnissen des Entscheids geht es hier: https://www.vggunzenhausen.de/muna20/index.html

Bild: https://pixabay.com/de/photos/fernrohr-aussicht-aussichtspunkt-110156/

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