Olympiafreie Alpen: Alpenschutzkommission CIPRA lehnt die Spiele grundsätzlich ab

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Mehrere Orte in den Alpen bemühen sich um die Olympischen Winterspiele 2026. Sie berufen sich auf die «Agenda 2020», die vom Internationalen Olympischen Komitee als Reaktion auf die reihenweise Ablehnung von Bewerbungen für 2022 formuliert wurde. Die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA bleibt jedoch bei ihrer Position: "Olympiafreie Alpen!". Denn: Die Agenda verspreche zwar viel, halte aber wenig.

Knapp vier Jahre nach der Ablehnung befinden die Stimmberechtigten des Kantons Graubünden, Schweiz, am 12. Februar 2017 erneut über eine Olympia-Kandidatur, diesmal für 2026. Die Westschweizer Kantone Bern, Freiburg, Waadt und Wallis bemühen sich ohne vorgängige Volksabstimmung gemeinsam um eine Kandidatur. In Österreich prüft Innsbruck eine länderübergreifende Kandidatur der Regionen Tirol, Südtirol und Trentino und führt bis Mai eine Machbarkeitsstudie durch.

Begründet werden die erneuten Anläufe zum einen mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Berggebiete, die keine Alternative böte, zum anderen mit den Reformbemühungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).
Doch die «Agenda 2020» ist nach Ansicht von CIPRA alter Wein in neuen Schläuchen. Die 40 Empfehlungen seien unverbindlich und dienten einzig dazu, die westlichen Länder wieder ins Boot zu holen, wie Barbara Wülser, Stellvertretende Geschäftsführerin der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA, festhält. "Fließen Geld und Engagement der Alpenregionen in das Strohfeuer Olympischer Winterspiele, steht es nicht für identitätsstiftende, zukunftsweisende Projekte zur Verfügung."

Demokratische Grundwerte blieben außen vor

In den Empfehlungen 4 und 5 der "Agenda 2020" werde das Wort Nachhaltigkeit zehn Mal erwähnt. Der Gastgeber der Olympischen Spiele soll eine Nachhaltigkeitsstrategie ausarbeiten und Nachhaltigkeitsmaßnahmen umsetzen. Wie genau diese Maßnahmen aussähen, welche Standards eingehalten werden müssten und was eine Strategie beinhalte, bleibe offen. Die Empfehlungen seien sehr allgemein formuliert: Die Transparenz soll erhöht, ethisches Verhalten gestärkt und die Kosten sollen gesenkt werden. Der Interpretationsspielraum bleibe groß. Grundlegende Änderungen der IOC-Strukturen und -Regelwerke sowie die Garantie von demokratischen Grundwerten in den Austragungsländern würden nicht diskutiert.

Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte zeigten laut CIPRA, dass die Bergregionen nur verlieren könnten mit diesem umweltzerstörerischen und ruinösen Großanlass. Allenfalls profitierten einzelne Exponenten kurzfristig von einem Investitionsschub. Die Bevölkerung, die in letzter Konsequenz zur Kasse gebeten werde, bezahle die Zeche. Die Kostenüberschreitungen seien in der Vergangenheit massiv gewesen - etwa in Italien nach Turin 2004, in Kanada nach Vancouver 2010.

Auf reichhaltiges Kultur- und Naturerbe setzen

Die Alpen seien - so CIPRA -  reich an Natur- und Kulturlandschaften, an kulturellen Identitäten und Angeboten, an Traditionen, an engagierten Menschen mit Weitblick. Gemeinsam könnten diese die Zukunft eigenverantwortlich gestalten, indem sie neue wirtschaftliche Perspektiven entwickelten, die die kulturellen und sozialen Ressourcen respektierten und in Wert setzten.

"Olympische Winterspiele behindern eine solche Entwicklung", betont Barbara Wülser. Sie gäben vor innovativ zu sein, verkörperten indes mehr vom Gleichen, indem sie an alten Rezepten festhielten. Sie behaupten mutig zu sein, zeugten jedoch von Resignation und übten Zwang aus mit dem Argument, es gebe keinen anderen Ausweg.

Christian Baumgartner, Vize-Präsident von CIPRA International, bringt das Anliegen des Dachverbands von über 100 Organisationen und Institutionen in den Alpen auf den Punkt: "Erst wenn das IOC seine Regelwerke und Strukturen von Grund auf überarbeitet, demokratische Grundwerte in den Ausführungsländern garantiert und die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung bei der Planung und Durchführung von Olympischen Winterspielen berücksichtigt, kann in den Alpen über eine Neu-Auflage diskutiert werden."

Zum Web-Dossier: www.cipra.org/de/dossiers/olympische-winterspiele

Bild: OlympischeRinge © wwwupertal/ flickr.com, edited

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