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Mecklenburg-Vorpommern will fordern und fördern

am . Veröffentlicht in Strategie, Orga & Finanzen

Grafik Erwartungen Gästeübernachtungen für das Gesamtjahr 2016 Quelle statistisches Amt MV


Spitzenvertreter der Tourismusbranche Mecklenburg-Vorpommerns haben sich auf dem 26. Tourismustag in Göhren-Lebbin am Fleesensee dafür ausgesprochen, den Tourismus für das Land noch aktiver und bewusster in ein System des Förderns und Forderns zu überführen.

„Der Tourismus kann für unser Land noch mehr leisten, wenn wir ihn qualitativ und sozial nachhaltig und im politischen Raum mit der ihm gebührenden Wertigkeit aufstellen“, erklärte die am Vortag wiedergewählte Präsidentin des Landestourismusverbandes, Sylvia Bretschneider, die zugleich Präsidentin des Landtages ist. Zwar sähen viele Politiker und Verantwortungsträger Mecklenburg-Vorpommern als Urlaubsland an, doch sei nicht jedem klar, wie Tourismus entwickelt werden sollte und welche Rolle er für die Zufriedenheit der Menschen, für die Entwicklung der Regionen und die Zukunft des Landes habe. Es sei die zentrale Aufgabe der derzeit als tourismuspolitisches Papier erarbeiteten neuen Landestourismuskonzeption, genau dieses klar zu machen und in die Umsetzung zu bringen.

Viele Fragen zur Finanzierung, zur Entwicklung der Infrastruktur, zum Zusammenspiel mit anderen Bereichen seien in der vergangenen Legislaturperiode unvollendet geblieben oder vertagt worden. Sie müssten nun aktiv, offen und ehrlich angefasst und bearbeitet werden. Beispielsweise sei unklar, wie touristische Strukturen im ländlichen Raum ohne Gegenfinanzierungsmöglichkeit aus den Kommunen und Regionen selbst nachhaltig aufgebaut werden könnten. Zugleich sei die Infrastruktur an wichtigen touristischen Wegen verbesserungswürdig. Auch gebe es erhebliche Potenziale in der Abstimmung zwischen einzelnen Ministerien sowie Landkreisen, Kommunen und Verbänden.

Tourismus müsse auch in Zukunft eine Schlüsselrolle in den politischen Zielsetzungen spielen. „Tourismus ist das wirtschaftliche Rückgrat des Landes. Er ist der wichtigste Imagefaktor, er sichert einen großen Teil der Beschäftigung, sorgt für Geldtransfers in Milliardenhöhe aus anderen Bundesländern und Ländern, wertet die Lebensqualität erheblich auf und stabilisiert und befördert viele andere Branchen, indem er für einen erheblichen Anteil der Umsätze sorgt“, sagte Sylvia Bretschneider.

Andere Regionen hätten im erheblichen touristischen Wettbewerb mittlerweile mehr Schwung geholt; Mecklenburg-Vorpommern müsse den Anschluss halten, erklärte sie weiter. Die Koalitionsvereinbarung der neuen Landesregierung biete dafür einige gute Anstöße, wichtig sei nun, dass aus Worten im Schulterschluss mit der Tourismusbranche schnell Taten würden. „Als Ergebnis sollten mehr Stolz, mehr Freude, mehr Bewusstsein und mehr Identität innerhalb der Branche, der Politik, der Bevölkerung stehen“, so die Verbandspräsidentin.

Auch Jürgen Seidel, langjähriger Vorsitzender und Präsident des Tourismusverbandes, der auf der Mitgliederversammlung zum ersten Ehrenvorsitzenden gekürt wurde, forderte eine noch offenere Diskussion über Tourismus: „Wir müssen schnell Antworten finden auf die Fragen, welchen Tourismus wir wollen, wie wir diesen im digitalen Zeitalter weiterentwickeln können und wie wir die damit verbundenen Anforderungen an Infrastruktur, Marketing und Innovationen in Zukunft erfüllen und finanzieren. Dafür brauchen wir einflussreiche und gut vernetzte regionale Tourismusorganisationen und weiter auch einen starken Landestourismusverband, der Prozesse koordinieren und moderieren kann. Dazu gehört auch eine den Ansprüchen und Zielen des Urlaubslandes genügende finanzielle Ausstattung“, erläuterte Seidel.

Das Land müsse gemeinsam mit Landkreisen und Kommunen einen Weg finden, um die Finanzierung der touristischen Infrastruktur und des Marketings zu sichern. „Die Tourismusorganisationen ringen Jahr für Jahr um Budgets, die ihnen die Arbeitsfähigkeit ermöglichen. Die Aufgaben werden immer komplexer, die Spielräume immer geringer“, so Seidel.

Er bezeichnete es überdies als Fehler, dass Tourismus in der neuen Legislaturperiode kein Bestandteil der Bezeichnung des Wirtschaftsministeriums mehr ist, wie von ihm als Wirtschaftsminister im Jahr 2006 eingeführt: „Darin lag die Anerkennung tatsächlicher wirtschaftlicher Potenziale“, erklärte er.

Bislang erfolgreichstes Tourismusjahr: Mehr als 30 Millionen Übernachtungen erwartet

Derweil sind vom Statistischen Amt MV Tourismuszahlen für den Monat September 2016 veröffentlicht worden. Danach konnte Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zum Vorjahresmonat bei den Übernachtungen um 9,3 Prozent auf rund 3,2 Millionen Übernachtungen zulegen. Bei den Gästeankünften betrug der Zuwachs 13,3 Prozent, sodass der Wert im Vergleich zum Jahr 2015 von 718.000 auf rund 814.000 gestiegen ist. Auch bei ausländischen Gästen wurde im September dieses Jahres ein Plus verbucht (+4,9 %).

Von Januar bis September 2016 wurden somit insgesamt rund 25,4 Millionen Übernachtungen (Januar-September 2015: 24,7 Mio.; +3,1 %) und 6,2 Millionen Gästeankünfte (Januar-September 2015: 6,0 Mio.; +2,7 %) in den größeren Tourismusbetrieben an das Statistische Amt MV gemeldet. „Damit wird immer wahrscheinlicher, dass im Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern zum Jahresende erstmals mehr als 30 Millionen Übernachtungen bilanziert werden können“, erklärte Sylvia Bretschneider.

Aus dem Ausland wurden nach drei Vierteln des Jahres 886.000 Übernachtungen (+0,9 %) von rund 322.000 Gästen (+1,5 %) gezählt. Stärkere Zuwächse verzeichnet MV dabei von Gästen aus Ländern wie Österreich (+6,4 %) und der Schweiz (+4,9 %), in denen eine Reihen von Marketingmaßnahmen und Kooperationen laufen.

Die Auslastung der angebotenen Betten lag in den ersten neun Monaten des Jahres bei 38,5 Prozent (Januar-September 2015: 37,0 %). Die meisten Reiseregionen verzeichnen Zuwächse, insbesondere Fischland-Darß-Zingst (+8,7 %), das Vorpommersche Festland (+6,1 %) und Usedom (+4,5 %). Rückgänge müssen in den ersten neun Monaten im Vergleich zum Vorjahr Westmecklenburg (-3,0 %) und die Seenplatte/Schweiz (-0,6 %) vermelden. Von den größeren Städten vermelden alle Städte außer Neubrandenburg (-11,1 %) ein Übernachtungsplus. Dabei konnten Greifswald (+7,2 %) und Stralsund (+3,3 %) überdurchschnittlich zulegen. Bei den Unterkunftsarten mussten von Januar bis September 2016 die Vorsorge- und Rehakliniken (-2,2 %) und die Ferienzentren (-4,8 %) Übernachtungsrückgänge verkraften. Alle anderen Unterkunftsarten liegen im positiven Bereich, insbesondere die Campingplätze (+7,4 %), die Hotels (+3,8 %) und die Erholungs- und Ferienheime (+3,0 %).

Tourismus mit hoher Wertschöpfung und Beschäftigtenzahl

Die gesamten Umsätze im Tourismus belaufen sich laut der aktuellen Berechnungen des Institutes DIW Econ auf 7,75 Milliarden Euro pro Jahr. Dabei werden mehr als zwei Drittel der Ausgaben (68 %) von Menschen aus anderen Bundesländern und Ländern getätigt. Die touristische Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern betrage 4,1 Milliarden Euro und mache damit 12 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern aus. Damit liege die Bruttowertschöpfung der Querschnittsbranche Tourismus mit 9,6 Prozent noch vor dem Baugewerbe mit einem Anteil von 6,5 Prozent. Deutschlandweit liege sie bei einem Anteil von 4,4 Prozent (Jahr 2010). „Tourismus ist und bleibt eine Schlüsselbranche für dieses Land“, sagte Verbandspräsidentin Bretschneider.

17,8 Prozent der Erwerbstätigen in MV, also 131.254 Menschen, arbeiteten in Tourismusunternehmen und tourismusnahen Betrieben. Von 4,1 Milliarden Euro (touristische Wertschöpfung) würden 3,3 Milliarden Euro Wertschöpfung von Tourismusunternehmen (z. B. Umsätze durch Gäste in Hotels, Restaurants oder im Einzelhandel) erbracht. Tourismusnahe Unternehmen (z. B. Zulieferer von Waren) leisteten einen Beitrag von 761 Millionen Euro. Hinzu komme, dass die Angebote und Leistungen der Tourismuswirtschaft im Wesentlichen auf privater Nachfrage beruhen. Damit unterscheidet sie sich beispielsweise vom Gesundheits- und Sozialwesen. Die meisten Ausgaben würden für Beherbergung (22,4 Prozent), Gaststättenleistungen (18,7 Prozent) und restliche Güter (22,4 Prozent), wie zum Beispiel Souvenirs, Kleidung und Schuhe, ausgegeben. Damit machten die Ausgaben der Touristen etwa zwei Fünftel der Einzelhandelsumsätze aus.

Faltblatt Tourismuskonzeption

www.tmv.de

Grafik: TMV

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